Redezeitverkürzung: Es auf den Punkt bringen

Foto: Lutz Wulfestieg

Dieser Wunsch stand wohl hinter einem Antrag der SPD auf Redezeitverkürzung in Bezug auf Diskussionen in Ausschüssen und Rat. Die dafür notwendige Änderung der Geschäftsordnung des Rats wurde zum Teil hitzig diskutiert.

Bereits im Haupt- und Finanzausschuss wurde diese Änderung ausgiebig diskutiert. Der Antrag sah ursprünglich vor, die Redezeit der sachkundigen Bürger und Ratsmitglieder sowohl in Ausschüssen, als auch im Rat auf 3 x 3 Minuten zu begrenzen. Das ist offensichtlich rechtlich nicht möglich, wie den Ausführungen zu einem Gerichtsurteil auf der Homepage des Städte- und Gemeindebunds zu entnehmen ist. Darauf wies auch die Verwaltung im Vorfeld hin und schlug eine geänderte Beschlussfassung vor. Diskutiert wurde also im weiteren Verlauf folgende Geschäftsordnungsänderung:

§ 14 Ziff. 6
(6) Die Redezeit beträgt 3 Minuten; ein Ratsmitglied darf höchstens dreimal zum selben Tagesordnungspunkt sprechen. Ausnahmen sind durch Beschluss des Rates zulässig. Anträge zur Geschäftsordnung bleiben unberührt.

§ 29 Ziff. 6
(6) § 14 Ziff. 6 findet auf die Ausschüsse mit der Maßgabe Anwendung, dass die Redezeit 5 Minuten beträgt.

Barbara Geiss-Kuchenbecker von den Grünen mahnte an: “Eine Ratssitzung ist für mich kein Speed-Dating. Demokratie braucht Zeit.” Sie glaubt nicht, dass einzelne Ratsmitglieder sich in der Vergangenheit zurückgenommen hätten. Ralf Lenger von der FDP hält die Redezeit für das wichtigste Recht des Rates. “Ich kann hier nicht erkennen, dass der Rat nicht arbeitsfähig ist.” Die Komplexität der Aufgaben erlaube keine Verkürzung der Redezeit.

Peter Knitsch glaubt, die Verkürzung der Redezeit sei rechtlich zweifelhaft und könne vom Gericht überprüft werden. Er befürchtet, dass damit das Recht kleinerer Fraktionen beschnitten werde. Außerdem wäre es den Fraktionen bei einer derart verkürzten Redezeit nicht möglich sich dem Bürger ausreichend darzustellen. Daraufhin wird er von Ratsmitglieder dahingehend korrigiert, dass die Redezeit im Rat nicht dazu diene, dass sich Fraktionen darstellen. Die Redezeit diene ausschließlich der Diskussion von Sachverhalten der Gemeinde, um zu sinnvollen und mehrheitsfähigen Entscheidungen zu finden.

“Die Verkürzung gilt für alle Fraktionen und bedeutet keine Benachteiligung einzelner Fraktionen”, kontert Jörg Schintze von der SPD. Was die im Antrag angeführte Rücknahme einzelner Ratsmitglieder betrifft, erklärt er: “Viele haben Sorge, wenn sie zwei oder drei Sätze sagen, dass dann wieder ein ‘Vortrag’ von fünf Minuten folgt.” Jan Wiertz von der CDU weist daraufhin, dass ja alle Themen sowohl in den Fraktionen, als auch in den Ausschüssen vorberaten werden. “Neun Minuten pro Ratsmitglied sind vollkommen ausreichend”, appelliert er an die Ratsmitglieder der Änderung der Geschäftsordnung zuzustimmen.

“Unser Antrag sollte ein Weckruf an alle Ratsmitglieder sein, sich am Riehmen zu reißen und Beiträge nicht unnötig aufzublähen und ständig Wiederholungen einzubinden. Das macht die Diskussion inhaltlich nicht besser”, argumentiert Schintze. Außerdem wies er den Vorwurf von Ratsmitgliedern zurück, die SPD bilde ja mit der CDU eine Groko, um Entscheidungen durchzubringen.

In der Abstimmung wurde die Verkürzung der Redezeit schließlich mehrheitlich mit den Stimmen von CDU, SPD und einer Stimme der FDP beschlossen. Dagegen stimmten die Grünen, BmU, Linke, AfD und ein Mitglied der FDP.

Auf openjur.de finden sich zum Gerichtsurteil des VG Arnsberg (Urteil vom 05.12.2019 – 12 K 7751/17) umfangreiche Erläuterungen zum Verfahren und gefassten Urteil.
Wir haben unten stehend einzelne Erläuterungen daraus zitiert, die aus unserer Sicht vielleicht auch zur Diskussion hier in Erkrath passen.
Fußnote 87, letzter Satz: “Im Hinblick auf die Rederechtsbeschränkung auch in den Ratssitzungen ist eine Rechtsverletzung durch die Geschäftsordnungsnorm in der Fassung der zweiten Änderung vom 13. Juli 2017 jedoch nicht gegeben.”
Fußnote 90: “Das Rederecht gilt jedoch nicht unbeschränkt, sondern wird durch die Erfordernisse eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs des Rates begrenzt. Das Rederecht kann durch eine abstraktgenerelle Regelung in der Geschäftsordnung zum Zweck der Sicherung der Effektivität und Funktionsfähigkeit des Rates sowie zur Abstimmung mit den Rederechten der anderen Ratsmitglieder näher ausgestaltet und eingeschränkt, insbesondere zeitlich begrenzt werden. Dabei steht dem Gemeinderat prinzipiell ein weites „normatives“ Ermessen zu, das seine Begrenzung allein in gesetzlichen Vorschriften und durch allgemeine Rechtsgrundsätze findet”
Fußnote 96, letzten Satz: “Ist das Thema schon wiederholt erörtert worden, vermag dies im Übrigen jedenfalls bei unveränderter Sachlage eine entsprechend kurze Redezeitspanne zu rechtfertigen.”
Fußnote 92, letzter Satz: “Andererseits ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass der innerorganschaftliche Diskurs nicht um seiner selbst willen stattfindet, sondern in der Sache auf die Gewinnung einer sachgerechten – d.h. in einer Demokratie des von der Mehrheit für sachgerecht befundenen – Ergebnisses für die Gemeinde zielt.”
Fußnote 115: “Ob eine Änderung der Geschäftsordnung eines Rates auch vorgenommen werden kann, wenn die Sitzungsverläufe der Vergangenheit keinerlei Besonderheiten aufwiesen, die eine Neuregelung für angezeigt erscheinen lassen, bedarf keiner Entscheidung, denn vorliegend bestand – gerade auch unter dem Aspekt des nur begrenzten Zeitkontingentes der ehrenamtlich tätigen Ratsmitglieder – Veranlassung zur Überdenkung der entsprechenden Geschäftsordnungsnorm.”
Fußnote 132: “Es ist auch hinzunehmen, dass Einzelbewerber nach den Regelungen der Geschäftsordnung nur zweimal oder kleine Fraktionen nur zweimal je Mitglied für jeweils fünf Minuten zu einem Beratungsgegenstand reden dürfen. Denn der Einfluss auf die Willensbildung in der Vertretung ist abhängig von dem Wahlergebnis. Nach dem Wählerwillen sollen Wahlvorschläge mit wenigen Stimmen nur geringen Einfluss auf die Politik und Verwaltung der Kommune haben.”

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