
In der diesjährigen Informationsveranstaltung zu neuen Ansätzen in der Therapie von Multipler Sklerose in der Stadthalle erfuhren Patienten, Angehörige und Interessierte wieder allerhand Neues.
Bereits seit 12 Jahren lädt die Selbsthilfegruppe MS-Treff Erkrath mit Unterstützung des Fördervereins MS-Treff-Erkrath e.V. zur Informationsveranstaltung ein. Neben informativen Vorträge und regem Austausch mit Neurologe Dr. Richter und Psychotherapeutin C. Wolters konnten sich die Besucher im Foyer an Ständen mehrerer Pharmafirmen mit Informationsmaterial und Ratgebern versorgen und auch hier ins Gespräch kommen. Zudem versorgte der Förderverein die Gäste kostenlos mit Getränken und Snacks. „Ob ich auch in meinem Alter noch eine Chance auf ein neues Medikament habe interessiert mich ganz besonders“, äußerte eine von MS betroffene 75jährige Teilnehmerin ihre Motivation zur Teilnahme an der Infoveranstaltung. Sie besucht regelmäßig den MS-Treff und war schon sehr gespannt auf die neuen Erkenntnisse, die Dr. Richter später präsentieren würde.
Rund 100 Interessierte begrüßte Timo Kremerius, Vorsitzender des Fördervereins MS–Treff Erkrath e.V. zu Beginn der Veranstaltung und stellte die Referenten Dr. med. Nils Richter (Neurologe ) sowie Catherine Wolters (Psychologin M. Sc., Psychologische Psychotherapeutin, Psychoonkologin und Medienwissenschaftlerin M. A.) vor. Dann übergab er das Wort an seine Ehefrau Marion Kremerius. Sie ist die Vorsitzende der Selbsthilfegruppe MS-Treff Erkrath.
In ihrer kurzen Ansprache dankte sie daraufhin dem Förderverein, der bereits seit 16 Jahren den MS-Treff-Erkrath finanziell unterstützt. Sie wies auf die großen Veranstaltungen wie Rock am Stock, Wadokyo und die Taiko Akademie hin, durch deren Erlöse Ausflüge des MS-Treffs möglich gemacht werden. Auch den Firmen Novartis, Roche, Merck, Sanofi und Viatris dankte sie für ihre Unterstützung an diesem Abend. Mit Neurologe Dr. Richter ist sie inzwischen schon fast freundschaftlich verbunden. „Er kennt sich mit so vielen neurologischen Erkrankungen wirklich gut aus und ist immer auf dem neusten Stand“, berichtet sie anerkennend.
„Ein Arzt sollte nicht nur kompetent sein, besonders wenn Erkrankungen über den Schnupfen hinausgehen. Er sollte auch – und das vermissen wir heutzutage immer mehr – menschlich zugewandt sein“, fügt sie hinzu. All dies träfe auf Dr. Richter zu. Bereits zum 11. Mal informierte er Betroffene und Interessierte über aktuelle Forschungen und Neuheiten auf dem Gebiet der MS.
Aktuelle Forschung zur CAR-T-Zellen-Therapie und Blasen- oder Darmstörungen bei MS

Foto: Gabi Gründker
„Im Laufe der Jahre sind wir so ein bisschen zusammengewachsen,“ beginnt Dr. Richter seinen Vortrag. „In der Praxis liegt natürlich der medizinische Schwerpunkt, aber genauso gerne greifen wir beim Gesamtkonzept der Betreuung der Patienten auf die Angebote der Selbsthilfegruppe zurück.“ Ganz besonders freute er sich, dass gemeinsam mit Catherine Wolters nicht nur die medizinischen Belange sondern auch die psychischen Belastungen der an MS erkrankten Menschen beleuchtet werden.
Dr. Richter sprach zunächst das Thema Blasenstörungen bei Multipler Sklerose an und stellte fest, dass ca. 75 Prozent aller MS-Patienten betroffen sind. Unbehandelt können diese zu schwerwiegenden Folgen wie z.B. Nierenschäden oder auch zu psychosozialen Einschränkungen wie sozialem Rückzug führen. Er informierte gleichermaßen über Basismaßnahmen wie auch über systemorientierte Therapien und ermunterte die Anwesenden z.B. aktives Beckenbodentraining in den täglichen Alltag zu integrieren.
Darmfunktionsstörungen hingegen treten bei ca. 50 Prozent der Menschen mit MS auf. 40 Prozent der betroffenen Patienten sprechen darüber nicht mir ihrem Arzt. „Die Vorbereitung auf diesen Vortrag hat mir auch noch einmal deutlich gezeigt, dass wir viel zu wenig über diese wichtigen Themen sprechen“, so Dr. Richter. Je früher Blasen- oder Darmprobleme thematisiert werden, desto schneller kann man Heilung oder Linderung herbeiführen.
Als nächstes Thema stand die CAR-T-Zell-Therapie auf der Agenda. Hierbei handelt es sich formal um eine Gentherapie, die derzeit ausschließlich zur Behandlung einiger Krebsarten zugelassen ist. Die Krebsforschung ist ganz begeistert über diesen medizinischen Ansatz. Da die Therapie jedoch noch relativ neu ist gibt es bisher noch keine größeren Studien über mögliche Langzeitfolgen. „Optimistisch macht, dass wir es mit einer Immunmodulation und nicht mit einer Immunsuppression im engeren Sinne zu tun haben,“ führt Dr. Richter an. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit muss zunächst in größeren, multizentrischen Studien untersucht werden.
Grenzen erkennen – Strukturen schaffen

Foto: Gabi Gründker
„Die Psychotherapeutin, Catherine Wolters aus Hilden ist auch Psychoonkologin und Medienwissenschaftlerin“, kündigte Marion Kremerius die nächste Rednerin des Abends an. Sie ist zugleich Tochter der Vorsitzenden der Selbsthilfegruppe.
Catherine Wolters gliederte ihren Vortrag in 3 Teile: 1. Grenzen erkennen: Was sind meine körperlichen, emotionalen und mentalen Grenzen? 2. Strukturen schaffen: Wie kann ich mein Leben mit MS so gestalten, dass ich meine Werte lebe? 3. Praktische Übungen: Direkte Anwendung von Strategie aus der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT).
Sie unterstrich, wie wichtig es sei, sowohl eigene Grenzen zu erkennen als auch Grenzen zu setzen. Grenzen zu setzen sei keine Schwäche, sondern Selbstfürsorge! In einer Übung forderte Wolters die Gäste beispielsweise auf, einmal ihre eigenen körperlichen, emotionalen und mentalen Grenzen zu benennen. Wie kann man diese Grenzen respektieren, ohne sich eingeschränkt zu fühlen? Das Kernprinzip der ACT-Therapie lautet Akzeptanz statt Kampf. Hier betonte sie, dass Akzeptanz nicht Aufgeben bedeute sondern vielmehr das bewusste Annehmen der Realität.
Wolters führte weiter aus, wie wichtig Strukturen sind. Sie helfen, den Alltag mit MS zu erleichtern. Die Tagesplanung sollte beispielsweise nach der aktuellen Verfassung festgelegt werden. Hier spielen u.a. Bewegung und Ruhephasen eine wichtige Rolle. Kleine, realistische Ziele helfen, diese auch einhalten zu können. „Wir haben verlernt, auf unser Bauchgefühl zu hören.“, merkte Wolters am Ende ihres Vortrages an.
Zum Abschluss bedankte sich Marion Kremerius bei den beiden Rednern für ihre interessanten Einblicke. Beide standen den Gästen im Anschluss noch für Fragen und Gesprächen zur Verfügung. Auch das Ergoteam Erkrath war an diesem Abend vertreten und tauschte sich noch mit Dr. Richter und Catherine Wolters aus. „Das war wieder eine tolle Mischung und ein sehr spannender Abend heute!“, lobte ein Gast die Veranstaltung bevor er gut informiert den Heimweg antrat.

Der Förderverein lädt bereits am 23. Mai 2025 um 20.00 Uhr wieder in die Stadthalle Erkrath ein. Dieses Mal präsentieren 60RPM – acoustic & voices Songs von Crosby Stills & Nash, The Beatles, James Taylor, Simon & Garfunkel, The Who – from Woodstock to Mylie Cyrus. Die Tickets kosten 20 Euro und unterstützen den MS-Treff-Erkrath e.V.
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