Neue Stadt auf alter Erde: Hochdahler Höfe

von Ria Garcia

Der 'Herr der Höfe': Herbert Bander hatte für die Ausstellung im Lokschuppen Fotos und Geschichte der Höfe zusammengestellt. Foto: RG

Dass dort, wo heute die ‘neue Stadt’ Hochdahl steht, einst 25 Höfe Landwirtschaft betrieben, wissen viele Zugezogene nicht. Wer Ältere Menschen aus Hochdahl erinnern sich jedoch noch daran.

Herbert Bander hatte Bilder und Informationen über die Hochdahler Höfe zusammengetragen und damit die heimatgeschichtliche Ausstellung beim Museumstag im September im Lokschuppen gefüllt. Auch einen Jungbauern, der noch heute Flächen in Hochdahl bewirtschaftet, hatte er gewinnen können. Der stand den Besuchern Rede und Antwort und zeigte Ihnen auf einer Karte, wo diese Flächen liegen. Das Besucherinteresse an diesem Tag war groß, auch als wie am späten Mittag vor Ort waren. Viele wollten mehr über die 25 Höfe erfahren, die es einst in Hochdahl gab. “Zeitweise waren 80 Besucher gleichzeitig hier in der Ausstellung”, verriet uns Dr. Ralf Fellenberg. Tags darauf schrieb er uns dann, dass die Vereinsmitglieder abends geschätzt hatten, dass rund 300 Besucher an diesem Tag dort waren.

Auf Tischen waren Fotos und Beschreibungen zu den Höfen ausgebreitet. Immer wieder mussten wir uns gedulden, bis wir selbst einen Blick darauf werfen konnten, weil sich Besucher um die Tische scharten. Herbert Bander hatte eine Einleitung zur Ausstellung verfasst und in der konnten Besucher erfahren, dass es ursprünglich noch viel mehr Höfe in Hochdahl gab. Aber schon in den Zeiten der Industrialisierung ging ihre Zahl zurück. Als die Planung der ‘Neuen Stadt’ begann waren es dann noch 25.

Herbert Bander Foto: RG

Die Einführung zur heimatgeschichtlichen Ausstellung:

Hochdahl, ein Stadtteil von Erkrath, war von jeher durch die Landwirtschaft geprägt. Im 19. Jahrhundert änderte sich das grundlegend. Mit dem Bau der Eisenbahn (1838/1841), der Gründung einer Eisenhütte (1847) und der Ansiedlung weiterer Großbetriebe (Weberei, Ziegelei, Kalkabbau im Neandertal, Bau von zwei Ringöfen an der Professor-Sudhoff-Straße) nahmen Einfluss auf die Struktur des Gemeinwesens. Die Zahl der Einwohner stieg rasant an. Die Landwirtschaft verlor nach und nach ihre führende Rolle.

Schauen wir zurück:

Im Jahre 1672, als zum ersten Mal die Höfe geschätzt wurden, hatte die Honschaft Bruchhausen 18 Höfe und etwa 85 Einwohner, die Honschaft Millrath 36 Höfe und etwa 165 Einwohnern. Beide Honschaften würden heute Hochdahl abbilden. 1806, zur Zeit des Großherzogtums Berg, gab es in Bruchhausen 27 Höfe mit 232 „Seelen“, in Millrath 33 Höfe mit 454 „Seelen“. 1960 gab es in Bruchhausen und Millrath 25 Bauernhöfe (dazu noch einige kleine Hofstellen) und etwa 5.500 Einwohner. Dann kam der Aufbau der Neuen Stadt Hochdahl, der allen Höfen den Garaus machte.

Die Geschichte der „verschwundenen“ Hochdahler Bauernhöfe soll in dieser Ausstellung in Wort und Bild wieder aufleben. Heute gibt es in Hochdahl keinen Landwirt mehr, der sich von der Landwirtschaft ernährt.

Anmerkung:
Im Kreis Mettmann verschwinden rd. 200 Hektar landwirtschaftlicher Flächen pro Jahr. In Deutschland gehen jeden Tag (!) 23 Hektar landwirtschaftlicher Flächen verloren.

Die Rolle der Entwicklungsgesellschaft Hochdahl mbH

Mit der „Neuen Stadt Hochdahl“ ist ein Name untrennbar verbunden: Die Entwicklungsgesellschaft Hochdahl mbH, kurz EGH genannt. Sie wurde am 29.12.1960 gegründet – im kath. Vereinshaus in Trills! Gesellschafter: Westdeutsche Landesbank/Girozentrale Düsseldorf, die Stadt Düsseldorf, der Kreis Mettmann und das Amt Gruiten (Gemeinde Hochdahl). Aufgabe: Landankauf, Erschließung und Veräußerung der erschlossenen Grundstücke an Bauträger, Gewerbebetriebe und private Bauherren. Vorrangiger Grunderwerb: Landwirtschaftlich genutzte Flächen einheimischer Bauern. Diese legten bei dem Grundstücksgeschäft in der Regel Wert darauf, Ersatzhöfe zu erwerben. Enteignungen von Gehöften gab es nicht.

Bei der entscheidenden Sitzung des Hochdahler Rates über das städtebauliche Konzept des Stadtplaners Aloys Machtemes gab es eine Gegenstimme: Vom Landwirt Max Güldenberg! Einer der größten Grundbesitzer, Dr. Richard Bayer, erhielt beim Verkauf seiner Besitztümer im Jahre 1962 10.00 DM für den Quadratmeter. Das dürfte die unterste Schwelle gewesen sein, denn die Grundstückspreise schossen danach förmlich in die Höhe. Erwähnt werden soll hier der „Grundstücksaufkäufer“ der EGH. Ein „Mister Daum“, der aus Schlesien stammte und schon beim Aufbau der Sennestadt beteiligt war. Er ließ sich so leicht nicht abschrecken und konnte oft erst nach zähen Verhandlungen die Grundbesitzer zum Verkauf bewegen, meist über den Preis.

Von der Entwicklungsgesellschaft wurden 95 Millionen Mark für Grundstücksverkäufe aufgewendet. Das Schwergewicht der Verhandlungen erstreckte sich auf den Zeitraum zwischen 1961 und 1966. In der Folgezeit wurde mit dem Erwerb des Anwesens Falkenberg (Wirtz), Gut Bonnhaus (Bruchhaus) und von Flächen, die nördlich der Eisenbahnlinie den Rheinisch-Westfälischen Kalkwerken gehörten und für die Friedhofsanlage benötigt wurden, das letzte Drittel Land gekauft. Im Lauf der Zeit wurde die EGH Besitzerin von Grünanlagen und Wäldern. Sie ist sogar Eigentümerin des Wildgeheges im Neandertal geworden, das sie aus dem „Nachlaß“ der Besitzer Heitmann und Baumann übernahm. Die einzige Enteignung stand erst 1978 an, als die Geschwister Gerdesmann im oberen Bereich des heutigen Schulzentrums an der Rankestraße Boden abtreten mussten. Auf diesem Gelände wurde dann die heftig diskutierte Außensportanlage für die Schulen errichtet, die von Anfang erhebliche Bürgerbeschwerden nach sich zog.

Nach Aufgabe ihres Gehöfts haben sich die Landwirte nach Ersatz umgesehen. Sie erwarben vornehmlich andere Hofanlagen am Niederrhein, in Westfalen, im Raum Hannover und in Schleswig-Holstein. Bauer Kirkes (Klein Bruchhaus) siedelte nach Wülfrath um, Bauer Pauls (Willbeck) fand neues Land in Westfalen. Und schließlich Hans-Peter Bruchhaus , der zum Ausgleich Land bei Hannover erwarb und heute dort noch ansässig ist.

Auf 450 Millionen Mark ist das Investitionsvolumen beziffert, das von der Entwicklungsgesellschaft für Grunderwerb, Planung und Erschließung bis 1985 aufgebracht wurde. Das ursprünglich angepeilte Planungsziel von 50.000 Einwohner ist nicht erreicht worden. Tatsächlich sind es rund die Hälfte geworden. Hochdahl hatte am 01.09.2022 amtlich erfasste 27.739 Einwohner. Die Neue Stadt Hochdahl ist ein Kind des Landes NRW mit Schwestern in Espelkamp, Sennestadt, Wulfen und Meckenheim. Die EGH wurde zum 31.12.1998 aufgelöst. Das Hochdahlhaus und der Stadtweiher dagegen haben einen bleibenden Platz gefunden.


Autor: Herbert Bander

Die Hochdahler Höfe

Bilder und Beschreibungen zu den Höfen hatte Herbert Bander nummeriert. Auf einer Übersichtskarte konnten Besucher sehen, wo deren einstige Lage war.

1 Hochdahler Hof | 2 Feldhof | 3 Beckeshaus | 4 Gut Clef | 5 Gut Schlickum | 6 Klein Bruchhaus | 7 Bonnhaus | 8 Groß Bruchhaus | 9 Gut Feld | 10 Hof Feldwinkel | 11 Kempen | 12 Böllenschmidt | 13 Hof Bruchhausen Süd | 14 Gretenberg | 15 Karschhausen | 16 Falkenberg | 17 Millrath-Mitte | 18 Schildsheide | 19 Willbeck | 20 Hausmannshof | 21 Gut Stolls | 22 Gut Eickenberg | 23 Stahlenhaus | 24 Gut Kamp | 25 Frinzberg

Auf dieser Karte, die sich über zwei Stellwände ausbreitete, konnten Besucher die einstige Lage der Höfe finden. Foto: RG

Es ist kaum möglich die ganze Vielfalt dieser Ausstellung für unsere Leser darzustellen. Wir haben einige Bilder gemacht und ein paar wenige Höfe herausgepickt, die vielleicht einen kleinen Eindruck vermitteln und wer weiß: Vielleicht wird die Ausstellung ja im kommenden Jahr noch einmal wiederholt oder vielleicht schafft es Herbert Bander sein ‘Material’ in einem Buch zu verarbeiten?

1 – Der Hochdahler Hof

Natürlich darf der Hof, der Hochdahl seinen Namen gab, in unserer Auswahl nicht fehlen. Neben Herbert Banders Bildauswahl und seinem kleinen Text, gibt es auch bei uns einen älteren Artikel, der sich dem Hof widmet.

4 – Gut Clef

Nicht alle Hofgebäude von einst sind abgerissen worden. Gut Clef: Ein Blick auf früher und heute.

14 – Gretenberg

Eine Kita erinnert mit ihrem Namen heute an den ehemaligen Hof.

15 – Karschhausen

Heute existiert nur noch der Straßenname am Hochdahler Markt an den ehemaligen Hof.

16 – Gut Falkenberg

Die Gebäude des ehemaligen Guts haben es in die heutige Zeit geschafft und beherbergen das Bergische Internat.

Alle abfotografierten Fotos und Erläuterungen stammen von Herbert Bander.

Am heutigen Sonntag ist in dieser Saison zum letzten Mal Museumstag im Lokschuppen. Dann geht es von 11 bis 17 Uhr wieder um die Bahngeschichte. Siehe Ankündigung.

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