Mit Pinsel und Farbe erzählt er die Geschichte des Kriegs

von Ria Garcia

Eigentlich spricht Kasem Al Nablsi (r.) schon ziemlich gut Deutsch. Bei der Vernissage ließ er sich dennoch hier und da dolmetschen. Foto RG

Rund 40 Besucher fanden sich gestern zu Kasem Al Nablsis Vernissage in der Begegnungsstätte ‘Hand in Hand’ ein und konnten sich mit dem Künstler über seine Werke austauschen.

Neben beeindruckenden Werken, die Tod und Leben, Vernichtung und Neubeginn vereinen, lockte ein ansprechendes Buffet. “Alles vegetarisch”, erfuhren wir, als wir auch diesen Anblick im Bild festhielten. “Hat Kasems Frau vorbereitet.” Auch sie ist Künstlerin, aber gestern Abend drückte sich ihr künstlerisches Talent erst einmal in dem köstlichen Buffet aus. Einen Teil hat auch eine der Helferinnen des ‘Hand in Hand’ dazu beigetragen. Von Kasems Frau gab es ein warmes und herzliches Lächeln. Die beiden sind in Erkrath ‘angekommen’, auch wenn sie in Gedanken sicher oft ihr Heimland, wie es war, bevor der Krieg alle Erinnerungen veränderte, vermissen.

In Syrien leitete Kasem Al Nablsi das Institut für Kunst an der Universität Damaskus, malte zahlreiche Bilder und stellte aus. Dann kam der Krieg. Seine Wohnung ausgebombt. Nichts blieb übrig, kein Bild, nicht einmal Papiere oder Zeugnisse. “Meine Frau hat dann in Syrien alles bei den Behörden neu beantragt”, erzählt uns Kasem. 2015 konnte Kasem nach Deutschland fliehen.

Künstlerischer Neubeginn in Erkrath

Von den Bildern, die Kasem in Syrien malte, ist nichts erhalten. Über seinen Werdegang berichteten wir in der Veranstaltungsankündigung. Als Kasem 2016 einen Antrag auf Familiennachzug stellte, begann eine zermürbende Zeit des Wartens, die zwei Jahre dauern sollte. Fast vier Jahre lang hatte er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gemalt, aber nun griff er erstmals wieder zu Pinsel und Farbe und begann die Geschichte des Kriegs in Syrien auf Leinwand zu bannen. “Ich hatte in Syrien immer in Öl gemalt. Das hier ist – glaube ich – das erste Bild, das ich hier in Erkrath gemalt habe und gleichzeitig auch das erste Bild in Acryl”, sagt er uns, als wir ihn auf ein Bild ansprechen, dass ‘ein wenig dunkler wirkt’. Ein wenig, weil Kasems Bilder viel ausdrucksstarke Farben aufweisen. Ein bisschen vereinen sie farblich Dunkles, Vergangenes mit Gegenwart und Neubeginn. Mit Acryl, einer Farbe, die schnell trocknet, hat sich auch die Art Bilder zu malen verändert. “Ich denke und denke, erinnere mich und wenn ich dann soweit bin, male ich. Dann geht das Malen selbst sehr schnell”, erklärt Kasem und wir können uns vorstellen, wie viele Bilder Menschen, die den Krieg in Syrien sehen mussten, im Kopf haben.

Kasem Al Nablsi
Es war wohl das erste Bild, das Kasem hier in Erkrath mit Erinnerung
an den Krieg malte. Erschreckte Gesichter. Menschen, die bei
Bombenangriffen Körperteile verlieren. Das Bild eines Krieges
und dessen Opfern. Foto: RG

“Eigentlich erzählen wir diese Geschichte ja gemeinsam”, erklärt uns Kasem. Die Besucher, die seine Bilder betrachten und darin neben fröhlichen Farben die Gesichter entdecken, die wirken als wenn sie um Hilfe rufen, die darin das Leid sehen, aber vielleicht auch die Zuversicht. Er erklärt die bildliche Inhalte nicht, lässt Betrachter selbst interpretieren, wenn auch bemerkbar war, dass er sich sehr wohl an die Zeit erinnert, in der er hier in Erkrath die ersten Bilder malte. Wer wartet hat viel Zeit. Viel Zeit sich zu erinnern. Zeit daran zu denken, was in Syrien geschah und geschieht.

Können Bilder vom Krieg schön sein?

Krieg selbst kann niemals schön sein. Bilder vom Krieg hingegen können auch die Menschen, die Vielfalt und Kultur sichtbar werden lassen, die in all dem Grauen dennoch immer gegenwärtig ist. Und so sind viele von Kasems Bildern auf ihre ganz eigene Art schön. Sie erinnern an Kultur, an all das, was in sinnlosen Kriegen verloren geht. Aber sie zeigen auch das Leid, das Krieg anrichtet. “Wo Schatten ist, ist auch Licht”, besagt eine Redensart. In Kasems Bildern ist auch Licht, vielleicht auch Hoffnung, Hoffnung, dass wir alle gemeinsam irgendwann den Irrsinn sinnloser Kriege überwinden und alle gemeinsam, so bunt und so vielfältig wir sind, die Zukunft gestalten.

Kasems Weg hier in Erkrath

“Was machst Du im Moment hier in Deutschland”, wollten wir vom Künstler Kasem Al Nablsi wissen. “Ich besuche den Deutschkurs C1”, verrät er uns lachend und ergänzt “gemeinsam mit meiner Frau”.

Seine Bilder sprechen eine Sprache, die auch hier verstanden wird und so werden wir ihn, der auch schon bei der Erk@Art Aufmerksamkeit erlangte, und sicher auch seine Frau, noch öfter in der hiesigen Kunstszene treffen. Allerdings ist Malen und künstlerisches Schaffen gerade erschwert. Zum einen brauchen Kasem und seine Frau gerade die Zeit, um zu lernen und die C1 Prüfung in Deutsch zu bestehen, zum anderen mangelt es an Platz. Kasem hat kein Atelier und die Drei-Zimmer-Wohnung der Familie lässt zu wenig Raum für weiteres künstlerisches Schaffen. “Ein kleines Atelier oder eine größere Wohnung, die auch ein wenig Platz für künstlerische Tätigkeit lässt, wäre schön”, äußert Kasem bescheiden Zukunftswünsche.

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