„Markt der Bürgerbeteiligung“ lockte nur wenige Bürger

Sabine Lahnstein war ein Gast beim ersten Markt der Bürgerbeteiligung von Elmar Stertenbrink/ Foto: Susann Krüll

Am Samstagsvormittag hatten sich auf Initiative von Elmar Stertenbrink, einer der drei Initiatoren der Bürgerbewegung „Erbpacht für die Neanderhöhe“, weitere Initiativen unter der Lothringischen Bahnsteighalle zu einer Diskussionsveranstaltung eingefunden.

„Die Idee ist mir am Freitag vor einer Woche gekommen, als ich beim Marktgang die Wahlstände der Parteien gesehen habe. Ich habe mir gedacht, dass sich doch alle, die in Bürgerinitiativen oder -beteiligungen aktiv sind, mit ihren Anliegen einem breiten Publikum vorstellen sollten vor der Wahl“, erklärte Veranstalter Stertenbrink, der sich dem Publikum und seinen Interviewpartnern auf der extra aufgestellten Bühne als gut informierter Gesprächspartner präsentierte.

Als erste Gesprächspartnerin begrüßte der Betreiber einer Fuhrhalterei die zweite Stellvertretende Bürgermeisterin Erkraths, Sabine Lahnstein. Sie hatte auf Facebook und auch in der lokalen Presse bereits kundgetan, nicht mehr für ein politisches Amt zur Verfügung zu stehen. „Aber keine Sorge, ich mische mich weiter ein“, verkündete Lahnstein zum Ende des Gespräches. In dessen Verlauf hatte das, nach dem Austritt aus der SPD parteilose Ratsmitglied, den Umgang einiger Vertreter des bestehenden Rats mit Bürgern, die ihre Anliegen Verwaltung und Politik vortragen, scharf kritisiert: „Es kann nicht sein, dass sich die Ratsmitglieder in Probeabstimmungen darauf einigen, wie sie bei der Sitzung im Rat abstimmen werden. Das Eingaben von Bürgern als lästig abgetan werden und man sich während Bürger ihre Anliegen vortragen, miteinander unterhält, geht gar nicht“, so Lahnstein, die erbittert fortfährt. „In meiner ganzen Zeit als Ratsmitglied, habe ich es nicht einmal erlebt, dass wir im nicht-öffentlichen Teil, der meist an eine Sitzung anschließt, je über das gesprochen haben, was Bürger uns vorgetragen haben.“

Das sei nicht mit ihrem Demokratie-Verständnis vereinbar. Elmar Stertenbrink schilderte daraufhin seine persönlichen Erlebnisse, als seiner Initiative in einer Sitzung Redezeit erteilt wurde. „Mit mir waren rund 300 Zuschauer da, die bis nach der Sitzungspause warten mussten, dass wir unser Anliegen vortragen durften. Wir möchten die Grundstücke des als Gewerbegebiets ausgewiesenen Geländes auf der Neanderhöhe nur in Erbpacht an Interessenten vergeben“, erklärte er für nicht mit seiner Bürgerinitiative Vertraute. „Da standen die abgegessenen Teller der Ratsmitglieder, die sich, ohne einem der Gäste etwas anzubieten, vorher am Büffet gestärkt hatten. Sie hatten es nicht für nötig befunden, ihre Teller vom Rednerplatz zu räumen. Das geht weit über reine Unhöflichkeit hinaus. Da fühlt man sich als Bürger nicht wirklich ernst genommen“.  

www.Erkrath21.de

Auch Peer Weber, der mit seiner Initiative „Erkrath 21“ fordert, die Kosten für die geplante Feuerwache auf dem Clever Feld von unabhängigen Sachverständigen überprüfen zu lassen, hatte, wie Elmar Stertenbrink es formuliert, „seine Unterlagen noch einmal hervorgeholt, obwohl der Frust ob der wenig bürgerfreundlichen Ablehnung tief sitzt“. Detailliert konnte Weber belegen, dass eine „Kostenexplosion von 15,4 Millionen Euro in 2008“ für „Erkrath teuerstes Projekt jemals – 38,4 Millionen Euro“ von der Mehrheit im Rat ohne Nachfrage beschlossen wurde.

„Wir sind überhaupt nicht gegen den Neubau einer Feuerwehr. Wir möchten nur, dass der exorbitante Kostenvorschlag noch einmal daraufhin überprüft wird, ob nicht an der einen oder anderen Stelle Sparpotential besteht“, so Weber, der mehrfach betonte, wie sehr er und die anderen Mitglieder der Initiative die Arbeit, vor allem der Freiwilligen, aber auch der Hauptamtlichen Feuerwehr schätzen. „Wir leisten uns in Erkrath NRW-weit den teuerstes Feuerwachen-Neubau. Dabei haben Nachbarstädte wie Haan oder Ratingen vorgemacht, dass es wesentlich günstiger geht.“

Sprachlos habe es ihn in einer Ratssitzung gemacht, dass eine Kostensteigerung um sechs Millionen, die durch einen Bodenaustausch, der sich erst später als notwendig herausgestellt habe, „ohne eine einzige kritische Nachfrage von einem Ratsmitglied durchgewunken wurde“. Eindringlich mahnte er sein Anliegen nach Überprüfung der Kosten noch einmal an. Die seien seit dem ersten Entwurf bereits um 200 Prozent gestiegen: „Das werden aufgrund des langen Zeitraums, der zwischen den ersten Planungen in 2014 und dem angestrebten Baubeginn zehn Jahre später liegt, nicht die letzten Kostensteigerungen sein. Wir haben nur die unabhängige Überprüfung der Planung gefordert, nicht den generellen Stopp eines Neubaus. Der ist aus unserer Sicht nötig, aber nicht, wenn die Stadt dafür eine solche Summe an Schulden aufnimmt, die noch unsere Nachfolge-Generationen abzahlen müsse.“ 

Bürgerinitiative „Lebenswerter Wimmersberg“

Als weiteren Gast konnte Elmar Stertenbrink Michael Laferi, Mitbegründer und Motor der Bürgerinitiative „Lebenswerter Wimmersberg“ begrüßen. Wie sein Vorredner, Peer Weber, ist auch der pensionierte Stadtplaner nicht generell gegen das Projekt. Er habe nur gewichtige Bedenken bezüglich der bestehenden Planung. „Wir wehren uns nur gegen die extreme Verdichtung der Bebauung, wie sie der Investor Catella, plant. Grundstück am Wimmersberg soll mit bis zu 750 Einheiten, teilweise in einer sechsgeschossigen Riegelbebauung  zur Bahnlinie hin, bebaut werden.“

Gerade fordert die Initiative über ihre Facebook-Seite auf, Eingaben und Bedenken gegen den Bebauungsplan zu formulieren. Diese liegt noch bis zum 28. August öffentlich aus und kann auch auf der Website der Stadt eingesehen werden. „Vom Gesetzgeber ist vorgesehen, dass die Verwaltung alle Eingaben sichten und jede einzelne beantworten muss“, so Laferi.

Auch seine Erfahrungen als Bürger, der seine Bedenken gegen ein vom Rat beschlossenes Projekt vortragen wollte, verliefen nicht eben positiv. „Auf meine an den Bürgermeister gemailte Bitte, ihm meine Bedenken persönlich zu erklären, habe ich bis jetzt keine Antwort erhalten“. Sein Versuch, bei einer der von der Catella organisierten „Bürgerbeteiligungen“ neben den offiziellen Plänen auch seinen alternativen Vorschlag mit rund 450 Wohneinheiten zu präsentieren, wurde erst entsprochen, nachdem der Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Peter Knitsch, sich dafür einsetzte.

„Aber ich durfte meinen Entwurf nicht vorne an die Tafeln hängen, sondern wie ein Bittsteller im hinteren Bereich der Stadthalle erklären, in zehn Minuten“, so der engagierte ehemalige Stadtplaner, der in Düsseldorf an der Verwirklichung vieler Projekte mitgewirkt. Er habe die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass seine und die Einlassungen der anderen Bürger den jetzigen Planungsstand des für Erkrath so wichtige Wohnungsbauprojekt noch in ihrem Sinne beeinflussen können. 

Erkrather Ortsgruppe von “Fridays For Future”

Enya , die Pressesprecherin der Erkrather FFF-Gruppe, war die letzte Interviewpartnerin bei der bis 14 Uhr dauernden Veranstaltung. Auch die kritischen Nachfragen von Elmar Stertenbrink retournierte die engagierte Schülerin souverän: „Wir wollen den Autoverkehr nicht komplett verbieten, wie uns oft unterstellt wird. Wir möchten nur, dass sich alle vorher überlegen, ob sie den jeweiligen Weg wirklich mit dem Auto machen müssen oder ihn nicht auch mit dem Rad oder dem ÖPNV zurücklegen können. Es geht darum, das Bewusstsein zu schärfen. Denn wir haben nur diese eine Welt,“ so die junge Klimaaktivistin. Sie wies daher darauf hin, dass die Ortsgruppe am letzten Samstag für die Feier ihres einjährigen Bestehens nicht ohne Grund das Motto ‚Fünf vor Zwölf‘ gewählt habe.

Wenig Zuschauer – zweiter Termin?

Auch die NSG Neanderhöhe war vor Ort, um darüber zu informieren, warum sie die Bebauung der Neanderhöhe generell ablehnen. Doch wie die anderen Aktiven vor Ort konnten auch sie die vorbeikommenden Bürgerinnen und Bürger nur selten zum Stehenbleiben bewegen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das gelang nur in wenigen Einzelfällen.

„Die Frist zwischen Ankündigung und Stattfinden war wohl zu kurz“, so Elmar Stertenbrink. „Wir überlegen, so eine Veranstaltung dann mit mehr Vorlauf und Werbung vor den anstehenden Wahlen noch einmal zu veranstalten.“ 

2 Kommentare

  1. Bei der Kommunalwahl haben alle Bürger nun die Gelegenheit die bisherige Politik und Verwaltung ebenfalls “als lästig abzutun” falls gewünscht. 😉

    Und möglicherweise kann Erkrath danach endlich von der Vergangenheit in die Gegenwart aufbrechen und den Mühlstein der Gutsherrenschaft einer ewigen GroKo aus CDU und SPD hinter sich lassen.

    Wählen gehen, auch die jungen Erkrather*innen!!! 👍

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