
Ohne massive Eingriffe in das Grundstück von Jenny G., die am Ende der Bachstraße wohnt, kann es den Bau einer neuen Brücke als Zufahrt zum geplanten Neubau des Gymnasiums in der beschlossenen Planung nicht geben.
Die Worte ‚Man fühlt sich so alleine gelassen‘ äußerte Jenny G. in unserem ersten Telefonat. Bei einem Besuch schilderte sie uns, womit sie sich so allein gelassen fühlt. Als Jenny G. vor etwa einem Jahr einen Anruf von der Stadtverwaltung erhielt, in dem man um einen Termin bat, um ihr die Planungen fürs Gymnasium vorzustellen, dachte sie: Das ist ja ein toller Service, dass die extra die Anwohner besuchen, um die Planungen zu erklären. Zum vereinbarten Termin erschienen dann eine Frau und drei Männer als ‚Abgesandte‘ der Stadt. In ihrem Wohnzimmer erklärte die Frau ihr rund eine Stunde lang, was auf der anderen Seite der Düssel mit dem neuen Gymnasium vorgesehen sei. „Als sie endete, übernahmen ihre Kollegen und was dann folgte, machte mich sprachlos“, denkt sie an diesen Tag, der sie bis heute aufwühlt, zurück. Man erklärte ihr schließlich, dass man für die Zufahrt zum Gymnasium eine neue Brücke bauen wolle. Da für die Brücke das Straßenprofil deutlich angehoben werden muss, seien auch auf ihrem Grundstück Veränderungen notwendig.
Man legte Jenny G. einen Entwurf vor. Dort wo heute eine Treppe mit beidseitig sechs Stufen zum Eingang ihres Hauses führt, soll nach den Plänen der Stadt der Eingang künftig fast ebenerdig liegen. Von der Straße aus soll die Einfahrt für ihren PKW dort erfolgen, wo heute noch ein grüner Vorgarten ist. Von dieser neuen Einfahrt aus würden dann einige Stufen zur deutlich erhöhten Ebene vor dem Hauseingang führen. Das Wohnmobil, dass gewöhnlich im vorderen Teil ihrer bisherigen Einfahrt Platz findet, soll später dort abgestellt werden, wo heute noch Garten ist. Dafür müssten nicht nur der bisher dicht bewachsene Vorgarten und ein Teil des bisherigen Gartens weichen, auch Bäume und Sträucher, die heute noch einen Sicht und Lärmschutz für den Weg zum Spiel- und Sportplatz bilden, würden gerodet und gefällt. Jenny G. war entsetzt von den vorgelegten Plänen.
Mehr Versiegelung, weniger Begrünung
Das Gespräch mit den Vertretern der Stadt fand ein Jahr nach der verheerenden Flut statt, von der auch Jenny G.’s Grundstück betroffen war. Wenn Sie von dem Moment spricht, in dem die Feuerwehr ihr sagte, sie müsse das Haus verlassen, weil es zu gefährlich wird, kann sie die Tränen nicht zurückhalten. Die Flutnacht verbrachte sie bei Bekannten, aber an schlafen war kaum zu denken. „Morgens nach fünf habe ich es nicht mehr ausgehalten und hab mich auf den Weg gemacht“, erzählt sie uns. Ihre kleinen Hunde unter dem Arm watete sie durch das Wasser, dass immer noch in der Bachstraße stand.
Die Tatsache, dass ihr Erdgeschoss erhöht ist, hat dafür gesorgt, dass es trocken geblieben ist. Viel hat nicht gefehlt. Als sie das Haus betrat stand das Wasser auf der innen liegenden Kellertreppe nur eine Stufe unter dem Erdgeschoss. „Da schwamm ein Weihnachtsmann auf dem Rücken liegend und schien mich hämisch anzugrinsen.“ Heizungsanlage, Kühltruhen, Schränke und alles, was bei der Flut im Keller stand, war nicht mehr verwendbar. Jenny G. ging ins Obergeschoss. Vom dortigen Balkon filmte sie, wie immer noch Wasser über ihre Gartenmauer strömte.
Jenny G. ist in dem Haus, in dem sie heute lebt, aufgewachsen. Das Baugebiet Erkrath-Nord war in ihrer Kindheit der ‚Rodel-Hang‘, den die Kinder im Winter gern zum Schlittenfahren nutzten. In den 80ern hat sie das Haus von ihrem Vater übernommen und modernisiert. Wegen des hohen Grundwasserspiegels sind viele Keller in der Bachstraße feucht, erzählt sie uns. Sie habe im Rahmen der Modernisierung Maßnahmen ergriffen, die dafür sorgten, dass ihr Keller trocken ist. Bis zur Flut hatte das auch gut funktioniert.
Die ihr vorgestellte Maßnahme zum Brückenneubau, die starke Eingriffe in ihr Grundstück bedeuten würden, soll – so vermittelten ihr die Vertreter der Stadt – auch dafür sorgen, dass sie bei Hochwasser besser geschützt sei. Die Rampe zur Brücke und der seitliche Wall böten Schutz gegen das Wasser. „Das Wasser sucht sich einen anderen Weg“, ist sie sicher, denn der Wall gehe nicht entlang der Düssel bis zum Spiel- und Sportplatz, er würde nur im näheren Bereich der Brücke sein. Die weitere Versiegelung, ist Jenny G. sicher, lässt das Hochwasserrisiko eher noch steigen.
Das fühlt sich an, als wolle man uns enteignen
Jenny G. kämpft seit der Flutkatastrophe mit gesundheitlichen Problemen. Der Brückenbau, für den so massive Eingriffe in ihr Grundstück erfolgen sollen, setzt ihr zusätzlich zu. „Nach diesem ersten Gespräch gab es regelmäßig Anrufe seitens der Stadt. Einmal sogar als ich im Krankenhaus lag.“ Sie fühlte sich bedrängt und die Aufregung trug nicht gerade zur gesundheitlichen Besserung bei. Das, was die Stadt von ihr erwartet, fühlt sich für sie wie eine Enteignung an. Zwar würde die Stadt die Kosten für die Änderungen tragen, aber danach wäre nichts mehr, wie vorher. „Künftig könnten mir die Fahrer der Autos, die die Brücke zum Gymnasium nutzen, ja quasi direkt in die Fenster gucken. Zum einen durch die erhöhte Straße und zum anderen, weil sämtlicher Sichtschutz durch Bäume und Sträucher weg wäre“, erklärt sie, dass man ihr auf dem eigenen Grundstück die Privatsphäre nehme. Auch der Lärmschutz und die Filterung von Feinstaub durch Autos wäre weg.
„Meine Tochter war bei der Stadt, um darüber zu reden. Man hat ihr mehr oder weniger gesagt, wenn wir mit den Änderungen auf unserem Grundstück nicht einverstanden wären, hätten wir demnächst keine Zufahrt zu unserem Grundstück mehr.“
Anwaltliche Hilfe
Inzwischen haben Jenny G. und ihre Tochter die Hilfe einer Anwaltskanzlei gesucht. Die führt in einem Schreiben an die Stadt ihre Einschätzungen aus. Für die Zufahrt zum Gymnasium über die neue Brücke läge weder eine Baugenehmigung vor, noch sei sie von den Bestimmungen des geltenden Bebauungsplans erfasst. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sieht die Kanzlei als rechtswidrig an. Sie sei ‚auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen‘ nicht mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Vielmehr sei die Stadt als Hoheitsträger für angemessenen Hochwasserschutz und Gefahrenabwehr zuständig und müsse weitere Gefährdungen der Bürger vermeiden. Viele weitere Gründe, die gegen den Brückenneubau in dieser Art sprechen, sind angeführt und nicht zuletzt die Wertminderung, die Haus und Grundstück von Jenny G. erfahren würden.
Auch andere wehren sich gegen den Brückenneubau und die Bebauung von Erkrath-Nord
Viele Menschen in Alt-Erkrath waren im Juli 2021 von der Flut betroffen und sorgen sich, dass eine weitere Versiegelung und die Bebauung von Erkrath-Nord ein erneutes Hochwasser noch stärker ausfallen lassen könnte. Inzwischen hat sich eine Bürgerinitiative „Hochwasser / Erkrath Nord“ gegründet, die auch die rechtlichen Möglichkeiten prüfen will. Die Initiative trifft sich am Montag (14.8.23) um 19.30 Uhr in den Bachstuben. Interessierte, die sich informieren und austauschen möchten, sind herzlich eingeladen.
Auch am Stadtteilgespräch, dass am Mittwoch um 19 Uhr in der Stadthalle stattfindet, wollen Vertreter der Initiative teilnehmen.
Jenny G. hätte sich persönlich gewünscht, dass der Weg zum Anwalt nicht nötig gewesen wäre. „In einer Demokratie erwartet man von der Politik mehr Bürgernähe“, sagt sie uns. Sie hofft, dass auch andere Bürger, ob sie von der Flut betroffen waren oder nicht, unterstützend dabei sein werden. Flutschäden betreffen am Ende immer die ganze Stadt, da nicht nur privates Eigentum Schaden nimmt.
Warum wird überhaupt noch neben der Düssel in der Talsohle neu gebaut? Die Düssel mit dem Neandertal und seinen Nebentälern entwässert ca. 60 Km2 Neanderland. Wenn 600 Liter/m2/24h Starkregen wie in China neulich runter kommen, ist Erkrath groß flächig überflutet. Bis an die Ränder der Talsohle, da Täler durch Erosion ihrer Gewässer entstanden sind. Es sollte im Sinne der Daseinsvorsorge sogar eher das Umspannwerk neben Düssel und Realschule nach Erkrath Nord auf die Brache neben der A3 verlegt werden. Das wäre in Anbetracht der Klimakatastrophe richtige und verantwortungsvolle Entscheidungen.
Es wird doch nicht in der Talsohle neu gebaut. Die Schule entsteht neben der Realschule. Die neue Brücke muss ja gerade wegen der Düssel höher sein als die alte.
Und wenn Frau G. fehlende Bürgernähe beklagt, was war denn dann der persönliche Besuch bei ihr?
Hier sieht man mal wieder wie Leuchtturmprojekte rigeros durchgeboxt werden. Der kleine Bürger spielt dabei keine Rolle. Ich hoffe nur das bei der nächsten Wahl die Ära Schultz zuende ist und jemand vernünftiges ins Rathaus einzieht der naturnah und Bürgerfreundlich regiert. Dafür muss natürlich auch ganz viel vom Rat gehen bzw gegangen werden .
Das ist kein Leuchtturmprojekt, sondern eine vernünftige Entscheidung Geld in ein Neubauprojekt zu investieren statt im gleichen Wert den maroden Altbau zu retten. Wenn der Neubau nicht erfolgt müssten eine Sporthalle und Schulcontainer für G9 an der Stelle gebaut werden.
Der Kommentar von M. Köhler ist gelinde gesagt eine Frechheit und als dreist zu bezeichnen.
Natürlich waren Vertreter der Stadt persönlich da, aber augenscheinlich nur um die Interessen der Stadt zu erklären.
Mich würde interessieren, ob M. Köhler ebenso reagieren würde, wenn es um sein/ihr Heim gehen würde.
Die Pläne der Stadt Erkrath sind eine Zumutung für Frau G.! Und wie schon bei der Anlage der Baustraße vom Heider runter zur Bachstraße werden keine Alternativen gesucht oder aufgegriffen. Die Stadt Erkrath hätte die Möglichkeit, hinter den Häusern Bachstraße 18 auf der linken Straßenseite eine neue Straßenführung mit neuer Brücke zu planen. Dort ist alles frei und im städtischen Besitz.