Länger im Beruf, aber frei: Freelancer in Frührente

Gastbeitrag von Thomas Maas, CEO freelancermap

Freelancer in Frührente. Foto: Shutterstock / freelancermap

Seit Anfang 2023 gibt es für Frührentner keine Hinzuverdienstgrenze mehr. Angestellte und Freelancer müssen damit nicht länger eine Kürzung ihres Einkommens in Kauf nehmen, wenn sie in der vorgezogenen Altersrente beruflich tätig bleiben wollen.

Insbesondere für Unternehmen in der IT- und Engineering-Branche, die der Fachkräftemangel bereits heute stark betrifft, liegt darin eine große Chance. Warum es für viele attraktiv wird, nach der Frührente gerade als Freelancer tätig zu werden und wie Unternehmen davon profitieren, weiß Thomas Maas, CEO von freelancermap.

Im Alter beruflich aktiv und selbstbestimmt

Nach dem Renteneintritt sind es häufig Fachkräfte mit viel Berufserfahrung, die weiter einer beruflichen Tätigkeit nachgehen wollen, jedoch zu ihren Bedingungen. Einer von ihnen ist Michael R., 63-jähriger IT-Berater. Dass er nach über 30 Jahren Angestelltenverhältnis in einem Automobilkonzern in die Selbstständigkeit geht, hätte er nicht erwartet. „Für mich war die Freiberuflichkeit eine Chance, nochmal etwas Neues zu beginnen und ich bin froh, darüber in Kontakt mit jungen Menschen zu bleiben. Das hält auch mich jung”, sagt der IT-Freelancer.  Was er ganz besonders schätzt? Die flexible Zeiteinteilung und die Ortsunabhängigkeit. Ein zusätzliches Einkommen kann außerdem finanzielle Einbußen, durch den Ruhestand vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze, ausgleichen. Generell werden bei einem früheren Renteneintritt die Ansprüche lebenslang um 0,3 Prozent pro Monat gekürzt. Das ist der Fall bei langjährigen Versicherten, die wie Michael R. mehr als 35 Jahre in Rentenkassen eingezahlt haben. Besonders langjährig Versicherte, die also mehr als 45 Beitragsjahre vorweisen können, betrifft die Kürzung aber nicht.

Freelancer mit langjähriger Berufserfahrung sind gefragt

Für Fachkräfte im Ruhestand spielt das Thema Sicherheit eine geringere Rolle als in jüngeren Jahren, da durch die Frührente das Grundeinkommen  garantiert ist. Beruflich längst etabliert, verfügen sie für gewöhnlich über zahlreiche Kontakte, sicheres Auftreten und Fachwissen. Diese Ressourcen und Qualifikationen schätzen auch Unternehmen Eine langjährige Berufserfahrung ist eher die Regel als die Ausnahme. Laut unserer Studie, dem Freelancer-Kompass 2022, sind Solo-Selbstständige aus dem deutschsprachigen Raum im Durchschnitt 47 Jahre alt. Acht Prozent der Freelancer sind bereits 63 Jahre oder älter und damit – sofern sie mehr als 35 Jahre in die Beitragskasse gezahlt haben – zur Frührente berechtigt. Durch den Wegfall der Hinzuverdienstgrenze dürfte der Anteil der über 63-Jährigen steigen, allerdings nur geringfügig, denn ohnehin lässt sich in allen Altersklassen eine Zunahme von Selbstständigen beobachten.

Gegen Fachkräftemangel: Länger mit Babyboomern arbeiten

Im Ruhestand konnten, seit der Corona-Pandemie, Rentner  bis zu 46.060 Euro brutto im Kalenderjahr hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wurde. Vom gänzlichen Wegfall der Hinzuverdienstgrenze seit 1. Januar 2023 profitieren gerade jene Branchen, in denen die Durchschnittseinkommen höher liegen. Hierzu zählt der IT- und Engineering-Bereich, in dem sich der Fachkräftemangel bereits heute stark auswirkt. Aktuell wächst Jahr für Jahr eine weitere geburtenstarke Kohorte ins Rentenalter. Die Lücke, die die sogenannten Babyboomer hinterlassen werden, wird die neue Regelung nicht ganz schließen können, aber sie kann den demografischen Übergang abfedern. Voraussetzung ist, dass Firmen der Zusammenarbeit mit Freelancern aller Jahrgänge grundsätzlich offen gegenüberstehen.  Michael R. empfindet die Altersdiversität als Vorteil für Unternehmen und ergänzt: „Das Sprichwort ‚Die Jüngeren sind schneller, aber die Älteren kennen mehr Abkürzungen‘ ist das, was ich immer wieder erlebe”.

Freelancen in der Frührente: Was es zu beachten gilt

Ab diesem Jahr fallen weitere bürokratische Hürden: So müssen Freelancer in Frührente die Rentenversicherung nicht mehr über die Änderungen beim Hinzuverdienst informieren. Dennoch gilt es für Unternehmen und Solo-Selbstständige einige Punkte zu beachten:

  • Sowohl Honorare als auch die Rente können steuerpflichtig sein
  • Keine automatische Erhöhung des Rentenanspruchs, aber freiwillige Beiträge sind möglich
  • Bei gesetzlich Versicherten können erhöhte Beiträge anfallen
  • Scheinselbstständigkeit vermeiden

Wer in der Frührente nochmal in die Selbstständigkeit einsteigt, sollte steuerliche sowie organisatorische Konsequenzen im Blick haben. Eine mögliche Anlaufstelle für Unternehmen und Freelancer sind Steuer- und Rechtsberatungen, die bei juristischen Fragen weiterhelfen und etwaige Unsicherheiten aus dem Weg räumen.

Fazit: Gewinn für Freelancer und Unternehmen

Mit dem Wegfall der Hinzuverdienstgrenze zur Frührente wird der sanfte Eintritt in die Rente noch leichter möglich. Das liegt sowohl im Interesse von Unternehmen als auch Fachkräften im Frührentenalter. „Wir lieben noch immer die berufliche Herausforderung”, sagt Michael R., „wünschen uns aber selbstbestimmt tätig zu sein. Im Freiberufler-Dasein lässt sich beides sehr gut vereinen.” Um den wachsenden Bedarf an Fachkräften zu decken, gilt es für Unternehmen, dieses Potenzial zu aktivieren und sich Frührentnern gegenüber weiter zu öffnen.

Thomas Maas. Foto: freelancermap

Über Thomas Maas:
Thomas Maas ist Geschäftsführer der offenen Projektplattform freelancermap und Herausgeber der repräsentativen Marktstudie Freelancer-Kompass, die jährlich relevante Entwicklungen des freien Projektgeschäfts der IT- und Engineering-Branche abbildet. 

Über freelancermap
Als eines der ersten Portale des freien Projektgeschäfts spezialisiert sich freelancermap bereits seit 2005 auf Auftraggeber sowie hochqualifizierte Selbstständige und Freiberufler mit Fokus auf der IT-Branche. Das Unternehmen vernetzt über die provisionsfreie Projektbörse insgesamt über 400.000 registrierte Freelancer, Recruiter und Unternehmen miteinander. Mehrfach von FOCUS BUSINESS und dem Deutschen Institut für Service Qualität ausgezeichnet, ist freelancermap unter den meistgenutzten Karriereportalen Deutschlands. Mit dem eigens initiierten Freelancer-Kompass liefert freelancermap jährlich repräsentative Trends und Entwicklungen der Freelancer-Branche. Geschäftsführer des Nürnberger Unternehmens ist Thomas Maas.

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