Kennen Sie Ihre Nachbarn?

von Petra Kühn - Der Blütendoktor

© Der Blütendoktor

Dresscode ‘schwarze Streifen’

Natürlich kennen Sie Ihre Nachbarn. Das gehört doch zum guten Ton. Und Sie wissen auch, dass Frau Maier am Morgen früh raus muss und immer die Papiertonne in den Weg stellt. Sie wissen, dass die nette alte Dame von nebenan eine interessante Schwäche für gemusterte Tücher hat… und so weiter.

© Der Blütendoktor

Und wer wohnt eigentlich in Ihrem Garten? Und wieso ist das nicht so wichtig?

Als ich mich – aus völlig unklarer Ursache- begann für gestreifte Flugobjekte zu interessieren, habe ich mich gefragt, ob es jetzt soweit ist – ich werde eine ältere wunderliche Frau…das mal vorne weg! Aber natürlich kann man es auch yogisch betrachten: das Interesse folgt der Aufmerksamkeit. Und Aufmerksamkeit oder ‘Achtsamkeit’ ist ja gerade total in.

Also was ist mit den Nachbarn in Ihrem Garten? Da ist eine Menge los-und nur zu Ihrem Vorteil!

Haben Sie sich schon mal gefragt, wo die ganzen Bienen und Hummeln eigentlich im Winter sind? Na in ihrem Bau, werden Sie antworten. Das stimmt aber nur für die Honigbiene. Die meisten Wildbienen (zu denen die Hummeln gehören) sind staatenlos oder bilden nur Völker für einen Sommer. Eine durchschnittliche Wildbiene lebt nur 8-12 Wochen. In dieser Zeit hat sie eigentlich nur eine Aufgabe: für Nachwuchs sorgen. Die ganze Bestäubungsarbeit erledigt sie sozusagen nebenbei.

Das wir das ganze Jahr Bienen und Hummeln sehen, liegt daran, dass es unzählige (585) Arten gibt, die alle zu verschiedenen Zeiten im Jahr fliegen. Die meisten von ihnen leben solitär, und 75% davon übrigens in Bodennestern. Eine nicht so seltene Art sucht sich für ihre Brutzellen leere Schneckenhäuser und leistet Schwerstarbeit, während sie das Schneckenhaus zur Deckung unter einem selbst aufgeschichteten Haufen aus Grashalmen und Blattwerk versteckt. Andere kleiden ihre Brutzellen mit grünen Blättern (Blattschneiderbiene) oder mit Blütenblättern von Klatschmohn aus (Mohnschneiderbiene). Und ganz nebenbei sorgen sie für die Obst- und Gemüseernte und alle daraus entstehenden Folgeprodukte. Die Bestäubungsleistung unserer Wildbienen geht mit Millionen Euro ins jährliche Bruttosozialprodukt mit ein. Sämtliche Freilandtomaten sind übrigens wildbienenbestäubt. Die etwas elitäre Riege der Honigbienen mag nämlich den Duft der Tomatenblüten nicht…

Wildbienen

Foto: Herbert Bieser / Pixabay

Wildbienenschutz ist also berechtigt und ja gerade ebenso sehr in wie Achtsamkeit. Es werden in Baumärkten Insektenhotels gekauft – und man fühl sich besser. Aber abgesehen davon, dass die meisten Wildbienen in Bodennestern auf Sandböden ihr Zuhause finden (was ein guter von vielen Gründen gegen Schottergärten ist), sind die meisten Insektenhotels voller Mängel und schädigen oder verletzen die Insekten eher. Achten Sie beim Kauf z.B. auf geschliffene (!) Röhrenenden. An den gesägten zerstört sich die Wildbiene beim Rückwärtsrein- oder Rauskriechen die Flügel!

Abgesehen davon geht Wildbienenschutz soviel einfacher. Sorgen Sie für einen dauerhaften und ganzjährigen Blütenteppich in Ihrem Garten mit Pflanzen, die nektar- und pollenreich sind. Die ersten Hummeln machen sich nämlich schon bei +2°C auf den Weg. Dagegen sucht die Efeuseidenbiene bis Ende November Nahrung am Efeu, auf den sie spezialisiert ist und der nur ohne Rückschnitt zur Blüte kommt.

Pflanzen, aber für Bienen wertvoll

Foto: Gerhard C. / Pixabay

Viele von unseren traditionellen Blühpflanzen sind regelrechte Attrappen für Bienen. Geranien, Petunien oder Rhododendren- und Forsythienblüten gehören zu den Nullnummern… sie enthalten keinen Pollen und keinen Nektar! Ja, da fliegen Bienen hin, finden aber nix!

Schauen Sie mal beim NABU vorbei oder beim Blütendoktor (www.derbluetendoktor.de), da gibt es gute Listen mit geeigneten Pflanzen. Mein aktueller Geheimtipp für Schnellentschlossene sind mediterrane Kräuter. Die halten gut Trockenheit aus, wachsen auf sandigem Boden ohne Dünger und sind wahre Bienenmagnete. So gehört z.B. der Rosmarin für die Hummeln zum festen Teil des Frühlingsspeiseplans.

Achtsamkeitsübung

Foto: Ulrike Leone / Pixabay

Und dann setzen Sie sich vor Ihr Beet oder Ihren Kübel und machen eine Achtsamkeitsübung: Hummeln unterscheiden sich durch ihre unterschiedlich gefärbten Körperteile. Die Einfachste – und mir Liebste – zuerst: schwarze Hummel mit rotem Popo – die Steinhummel. Schwarz-gelbe Streifen, weisser Popo – die Erdhummel. Jetzt etwas komplizierter: schwarz-gelbe Streifen, roter Popo – die Wiesenhummel. Brauner Körper und einfach nur ‘getigert’ – die Ackerhummel.

Sie werden der Star in Ihrer Nachbarschaft mit diesem gartenparty-tauglichen Wissen werden! Versuchen Sie es mal! Nach und nach werden Sie noch mehr unterschiedliche Flugobjekte wahrnehmen! Willkommen im Club – und Grüße an die Nachbarn!

Ihr Blütendoktor

Fotos: Petra Kühn | Fotomontage: RG

Gastbeitrag von Petra Kühn, dem Blütendoktor. In Erkrath ist sie über ihr Projekt ‘Präriewiese’ bekannt geworden. Diese hat sie an der Düssel auf dem Grundstück der Agentur Igel angelegt und damit gezeigt, dass sich Flächen bienefreundlich, pflegearm und trockenverträglich gestalten lassen.

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