Kahlschlag am Rathaus-Parkplatz

Von Christian Zimmer

Blick vom Rathaus zum Parkplatz nach dem radikalen Rückschnitt im Juni 2023. Foto: Christian Zimmer

Nach einem umfangreichen Beschnitt stehen auf dem Parkplatz gegenüber des Rathauses fast nur noch die Baumstämme der Platanen. Sämtliche Äste und Kronen wurden Mitte Juni abgeschnitten.

Dieser recht radikale Rückschnitt ist verwunderlich – noch dazu im Sommer, in dem eigentlich die Vogelschutzzeit gilt und Bäume gemäß § 39 Abs. 5 Bundesnaturschutzgesetz nicht beschnitten werden dürfen. Nur wenige Ausnahmen lässt das Gesetz zu, darunter die „Gewährleistung der Verkehrssicherheit“. Genau darauf beruft sich die Stadt Erkrath auch auf unsere Nachfrage. Ingo Meuter-Schwickert aus der Presseabteilung der Stadt schreibt, es solle vermieden werden, dass Äste durch Wind oder Starkregen brechen und dadurch auf den Parkplatz fallen könnten.

Rückschnitt im Sommer „erheblich besser“ – oder doch nicht?

Er führt jedoch noch weitere Gründe an. So sei der Rückschnitt laut Meuter-Schwickert „bei trockenem, warmen Wetter für die Bäume erheblich besser, wenn man einen schönen, durchgängigen und schattenspendenden Wuchs bekommen möchte. Nicht nur treiben im Sommer weniger dünne Triebe aus, die Schnittflächen heilen bei trockenem Wetter auch sehr viel besser ab. Auch ein Pilzbefall ist dadurch weniger wahrscheinlich.“

Selbst in der Fachwelt ist der richtige Zeitpunkt umstritten: So hat der ‚Bund Schweizer Baumpflege‘ 2018 die Vor- und Nachteile von Sommer- und Winterschnitt zusammengestellt (PDF). Dort wird der Winterschnitt für Platanen bevorzugt, begründet darin, dass Haut- und Schleimhautreizungen durch eine „flaumige Behaarung“ der Platanenblätter entstehen könnten und der Baum durch Sonneneinstrahlung ein erhöhtes Risiko für einen „Sonnenbrand“ habe. Grundsätzlich bevorzugen die Schweizer jedoch den Sommerschnitt, mit ähnlichen Argumenten, wie sie die Stadt Erkrath vorbringt.

In anderen Städten gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen: Die Stadt Limburg an der Lahn hat ihre Platanen 2021 hingegen im Februar zurückgeschnitten, in Langenfeld und Monheim am Rhein fanden 2015 bereits im Oktober die Rückschnitte der Platanen statt.

Fehler der Vergangenheit

Dass es überhaupt einen so radikalen Rückschnitt auf dem Parkplatz gegenüber des Rathauses gibt, sei laut Meuter-Schwickert wegen Fehlern aus der Vergangenheit. Die Platanen müssten zwar regelmäßig zurückgeschnitten werden, damit man ein durchgängiges, schattenspendendes Blätterdach erreiche. Derart radikale Maßnahmen wären früher auch üblich gewesen, werden heute jedoch nur noch durchgeführt, „wenn der Baumkontrolleur dies für absolut notwendig erachtet – in Hinblick auf Schnittform und Verkehrssicherheit.“

„Leider wurden diese Bäume vor vielen Jahren einmal radikal gekappt, was den Wuchs der Bäume nachhaltig – leider negativ – beeinflusst hat“, so Meuter-Schwickert weiter. An den alten Schnittstellen würden die Bäume stark austreiben und dann dünne, wenig belastbare Äste bilden, welche bei Wind oder Starkregen brechen könnten. „Um diese Bäume überhaupt zu erhalten, sind solche zunächst brutal wirkenden Rückschnitte daher immer wieder nötig.“

Nicht alle Platanen müssten im Sommer geschnitten werden – nur die, bei denen es in der Vergangenheit einen falschen Rückschnitt gab. „Bei Bäumen, die noch ihren ursprünglichen Wuchs haben, kann der Schnitt natürlich auch in den Wintermonaten erfolgen.“

Stadt: Gesetzliche Vorgaben eingehalten

Sämtliche Grünschnittmaßnahmen in Erkrath erfolgen demnach auf der Grundlage der Arboristik – der Lehre der Pflege und des Managements von städtischen Bäumen und Gehölzen. „Jeden städtischen Grünschnitt gehen umfangreiche Planungen und Prüfungen voraus, wie gesetzlich vorgeschrieben“, versichert Meuter-Schwickert.

Auch an die Vögel und deren Nachwuchs werde gedacht: „Selbstredend erfolgte wie gesetzlich vorgeschrieben auch vor diesem Baumschnitt eine Überprüfung der Bäume auf bebrütete Nester durch eine Fachkraft. Hier wurde nichts gefunden, ansonsten wäre – wie beispielsweise im letzten Jahr vor der Stadthalle – der entsprechende Baum abgesperrt und ausgespart worden.“

Bleibt angesichts von Hitzeperioden die Frage, wie dieser radikale Rückschnitt mit Maßnahmen zum Hitzeschutz vereinbar ist. Aus Sicht der Stadt Erkrath ist dies vereinbar, denn Ziel des Rückschnitts sei „eine durchgängige, verkehrssichere Beschattung der gesamten Fläche zu erreichen.“ Dass die Schattenplätze nun erst einmal wegfallen, sei „nicht wünschenswert, aber leider unumgänglich, wenn man die auf Grundlage veralteter Pflegetechniken gemachten Fehler korrigieren möchte, ohne die Bäume zu fällen und durch neuen Bestand zu ersetzen.“

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