
Knapp 350 Besucher sahen René Heinersdorff in der Erkrather Stadthalle.
Wenn Inszenierungen von René Heinersdorff in Erkrath angesagt sind, ist die Halle normalerweise proppenvoll. Am vergangenen Mittwoch war sie zwar mit knapp 350 Zuschauern auch zufriedenstellend gefüllt, aber das Stück, angekündigt als komödiantische Seelenmassage hätte mehr Zuschauer verdient.
Zum Stück: Sechs Menschen mit ganz unterschiedlichen psychischen Defekten treffen zufällig im Wartezimmer eines bekannten Psychologen aufeinander. Doch der scheint sich zu verspäten und die überforderte Sprechstundenhilfe kann leider auch nicht weiterhelfen. So bleibt nichts außer Warten. Schwierig, wenn dabei jemand mit Diogenes-Syndrom auf eine unter ihrer Mysophobie Leidende trifft. Mit der Zeit raufen sich die scheinbar so ungleichen Patienten zusammen und es entsteht eine ganz eigene Form der Therapie. TOC TOC, nach einer spanischen Filmvorlage von Laurent Baffie, ist eine Emanzipation von der Schulmedizin mit der Erkenntnis: Hilf Dir selbst, dann ist Dir geholfen!
Quelle: Schlosstheater Neuwied
Sechs bis in die Haarspitzen motivierte Schauspieler unterhielten die Zuschauer exzellent und sorgten für viele Lacher und Szenenapplaus. Karsten Speck sorgte als Patient mit dem Tourettesyndrom für einen Brüller nach dem anderen ohne die Krankheit selbst ins Lächerliche zu ziehen. Die Zuschauer honorierten die komödiantische Leistung der Schauspielermit Lachen und Applaus.
Basis des Stückes sind fünf Patienten – fünf verschiedene Zwangsstörungen – die notgedrungen die Zeit im Wartezimmer vertreiben, denn der Zug, mit dem der renommierte Psychotherapeut unterwegs ist, hatteaufgrund einer Gleisstörung Verspätung. Die Sprechstundenhilfe teilte den wartenden Patienten zwischendurch den Stand der Dinge mit und ließ sie dann erst einmal alleine. Zum Teil hatten die Patienten über ein Jahr auf diesen Termin warten müssen und so kamen sie ins Gespräch und erzählten sich, warum sie gekommen waren.
Fred leidet am Tourette-Syndrom und stößt meist im unpassendsten Moment Flüche aus, Vincent zählt und berechnet alles, Blanche hat panische Angst vor Keimen, Marie leidet unter Kontrollzwang und Lilli stieß jedes Mal einen schrillen Schrei aus, wenn jemand eine sakrale Bemerkung machte. Die bunt zusammengewürfelte Truppe beschließt mit ihren Störungen zu wichteln – und schlittert so in eine selbst gebastelte Gruppentherapie. Nach und nach lernen sie die Neurosen der anderen zu akzeptieren, seien sie auch noch so schwer zu ertragen. Den Zuschauern wurde dabei auf charmante Weise vermittelt, dass es völlig in Ordnung ist, wenn Menschen ein wenig anders sind und nicht immer so funktionieren, wie die Gesellschaft es erwartet.
In der zweiten Halbzeit nahm das Stück noch einmal richtig Fahrt auf und gipfelte in einem völlig unvorhergesehenen Ende, denn Fred der vermeintliche Patient mit Tourette-Syndrom, war in Wirklichkeit der Psychologe, der sich angeblich verspätete. Ein kurzweiliges Stück, bei dem die Zuschauer den Akteuren einen langanhaltenden Applaus bis hin zum Klatschmarsch als Belohnung für ihre hervorragende Leistung spendeten.
Wen wundert es, dass beim Thema des Stücks auch Psyhologen unter den Besuchern anzutreffen waren. „Sehr interessant. Das doch schwierige Thema wurde sehr gut vermittelt“, urteilten Birthe H. und ihre Freundin. Gefallen hat es auch Helga und Peter H., die als Kulturabonnenten regelmäßig Veranstaltungen besuchen. „Das Stück war gut umgesetzt. Mir hat gefallen, wie das anspruchsvolle Thema mit Humor und einer gewissen Leichtigkeit behandelt wurde“, sagte uns Marion K., selbst Psychologin.
Vorschau: Am Freitag, dem 29.11.2024 ist es wieder so weit. Herbert Knebels Affentheater steht mit seinem Programm „Fahr zur Hölle, Baby“ auf den Brettern der Erkrather Stadthalle. Die Abteilung Kultur der Stadt verschickt die Karten für beide Veranstaltungen auch kostenfrei nach Hause. Telefon 0211 240740 09.
Kulturpause im Foyer der Stadthalle
Künstlerin der Kulturpause war an diesem Abend unsere immer wieder gerne gesehene Erna Rühr, die in Flensburg geboren und in Düsseldorf aufgewachsen ist. In ihrem Arbeitsleben hat sie einen kaufmännischen Beruf ausgeübt, sich aber immer schon gerne mit handwerklichen Tätigkeiten beschäftigt. Neben den profanen Dingen im Alltag wie Tapete oder Farbe an die Wand bringen, waren auch Nähen, Stricken, Karten und Schmuck für den Eigenbedarf herstellen ein ausgeprägtes Hobby von Erna Rühr.
2018 habe sie das erste Mal von der Acryl-Farben-Technik „Pouring“ gehört, bei der Acryl-Farbe auf den zu bemalenden Gegenstand, wie z.B. Leinwand, Holz, Glas u.v.m. gegossen wird. Es gibt viele unterschiedliche Techniken des Gießens, aber allen ist gemeinsam, dass das fertige Produkt fast immer anders aussieht als man geplant hat. Die äußeren Gegebenheiten wie große Wärme oder auch Kälte, Luftfeuchtigkeit und Untergrund wirken sich auf die Farben genau so aus, wie die eingestellte Konsistenz, die mittels bestimmter Malmittel hergestellt wird. Zur weiteren Bearbeitung nutzt Erna Rühr auch schon mal Schablonen, Kristalle, Muscheln u.a.
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