Das Handwerk steckt in der Konjunkturflaute fest. Präsident Andreas Ehlert warnt vor steigenden Steuern und Sozialabgaben: „Wir brauchen keine à-la-carte-Subventionen, sondern Entlastung für alle!“
Die Konjunktur im Handwerk tritt im Herbst 2024 weiter auf der Stelle – ein Aufschwung ist nicht in Sicht. Das ist die zentrale Botschaft des Herbstgutachtens für das Handwerk an Rhein, Ruhr und Wupper, den die Handwerkskammer Düsseldorf am Dienstag Medien und der Öffentlichkeit vorstellte. Zwar wird die Lage von den Betrieben größtenteils weiter als auskömmlich beschrie-ben, allerdings hält die Stagnation aus dem ersten Halbjahr an. Der Geschäftsklimaindex fällt im Vergleich zum Frühjahr um vier Punkte und erreicht einen im Langzeitvergleich erneut niedrigen Wert von 108. Wichtigste Gründe hierfür sind die Mischung aus geringer Neubautätigkeit im Wohnungsbau, einem verhaltenen privatwirtschaftlichen Konsum und fehlenden Impulsen aus der Industrie. Zahlreiche Konjunkturindikatoren wie das Umsatz- und das Auftragsklima liegen seit nunmehr zwei Jahren durchgängig im negativen Bereich.
Besonders bedenklich: Mit Ausnahme der Branchengruppe der personenbezogenen Dienst- leistungsberufe zeigen die Salden der Antworten zu den Zukunftsaussichten in allen Branchengruppen und bei fast allen Indikatoren des Klimaindex ein negatives Bild. Nur 14 Prozent der Unternehmen planen für das kommende Halbjahr steigende Ausgaben für betriebliche Ersatz- oder Neubeschaffungen ein – ein „seltener Tiefwert bei der Investitionsneigung“, und zugleich „das bedeutendste Signal der Konjunkturumfrage für mangelndes Zukunftsvertrauen“, so der Präsident der Handwerkskammer, Andreas Ehlert, auf der Pressekonferenz. Auch die Beschäftigungsentwicklung der letzten sechs Monate zeigt nach unten, der Saldo im Gesamthandwerk aus Personalzuwächsen und -kürzungen ist mit minus 5 Punkten negativ; gleichwohl ist nach wie vor jeder dritte Betrieb auf der Suche nach Fachkräften.
Ehlert zeigte sich angesichts der schwachen Entwicklung besorgt: „Wir stecken in der Konjunkturflaute fest. Der trübe Ausblick für die nächsten Monate und das konstant niedrige Investitionsklima verdeutlichen die große Unsicherheit der Betriebe und eine fehlende Zuversicht, dass es bald wieder bergauf geht.“ Lichtblicke gibt es nur bei den „Klimahandwerken“: so bei Dachdeckern und im SHK- Handwerk (Sanitär/Heizung/Klima). Auch im KFZ-Handwerk und bei den personenbezogenen Dienstleistungen, wie Friseuren oder Kosmetikern, wird die Lage immerhin als solide eingeschätzt.
Besonders unter Druck stehen indessen das Bauhauptgewerbe (Geschäftsklima: 106 Punkte), das die Krise im Wohnungsneubau spürt, und die Handwerke für den gewerblichen Bedarf (99 Punkte), wo viele Betriebe als industrielle Zulieferer tätig sind und die rückläufige Industrienachfrage ins Kontor schlägt. Ein vergleichsweise starker Besatz an solchen Unternehmen im Bergischen Land ist auch der Grund, warum der Klimaindex in dieser Region um drei Punkte unter dem Durchschnittswert liegt; noch am dynamischsten hat sich dagegen die Region um die Landeshauptstadt (Düsseldorf; Kr. Mettmann: je 112 Punkte) entwickelt.
Ehlert sprach mit Blick auf die aktuellen Konjunkturdaten von einem „verfestigten Pessimismus“. Im Handwerk herrsche große Ernüchterung darüber, dass die Politik nicht die Kraft aufbringe, nachhaltige Reformen zur Stärkung von Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarkt anzugehen. „Große Sorge bereitet mir der drohende Anstieg der Lohnnebenkosten. Die für die nächsten Jahre absehbaren Beitragssteigerungen in den Sozialkassen werden das personalintensive Handwerk besonders belasten und die Einkommenssituation der Beschäftigten massiv verschlechtern. Dieser weiße Elefant steht im Raum, aber die Politik guckt weg“, so der Kammerpräsident.
Anlässlich der Halbzeit der Wahlperiode nahm Ehlert auch Stellung zur bisherigen Bilanz der schwarz-grünen Landesregierung. Positiv hob er die Novellierung der Landesbauordnung, die Einführung der Kleinen Bauvorlageberechtigung sowie die Schaffung der Meisterprämie hervor. Die Landesregierung habe sich aber auch „klare Fehlentscheidungen“ geleistet. So sei die Einführung von differenzierten Hebesätzen bei der Grundsteuer für Wohnen und Gewerbe ein verfehlter Ansatz. Ehlert: „Damit wird Kommunen die Option gegeben, gewerbliche gegenüber Wohn-Nutzungen steuerlich zu benachteiligen – zum Schaden für die Standortbedingungen und das Flächenangebot für Handwerk und Mittelstand vor Ort.“ Kammerchef Ehlert kritisierte außerdem, dass es bislang nicht zu einer Absenkung der Grunderwerbsteuer gekommen sei: „Das wäre der unbürokratischste Weg, um Baukosten zu senken und dem Wohnungsbau Impulse zu geben.“
Der Handwerkspräsident artikulierte in drei Politikfeldern auch konkrete Erwartungen an die Regierungskoalition in Düsseldorf: in der Bildungs- und Energiepolitik sowie bei Bürokratieabbau. „Wenn NRW Berufsbildungsland Nummer 1 werden soll, dann muss jetzt auch die rechtlich verankerte Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung kommen.“ Auf „bezahlbare und verlässliche Energiekosten“ seien „alle Unternehmen“ angewiesen. Und zur „existenziell notwendigen“ administrativen Entlastung der Unternehmen müssten „sämtliche Berichts- und Dokumentationspflichten, Planungs- und Genehmigungsverfahren auf den Prüfstand.“
„Die mittelständischen Unternehmen in unserem Land brauchen keine Politik, die sich in ihren realitätsfernen Superankündigungen zu schuldenfinanzierten Investitionsfonds gegenseitig übertrumpft. Sie brauchen auch keine Politik, die die absehbaren Beitragssteigerungen in den Sozialkassen ignoriert oder schlimmstenfalls noch befeuert. Sie fordern bessere Standortbedingungen für alle statt à-la-carte- Subventionen für die Lautesten und Mächtigsten. Was die Unternehmen jetzt brauchen, sind Reformen für wettbewerbsfähige Energiepreise, weniger Bürokratie und bessere steuerliche Rahmenbedingungen, die allen Betrieben zugutekommen. Dann kehrt auch im handwerklichen Mittelstand der Optimismus zurück, den wir für die Bewältigung der Transformationsaufgaben so dringend brauchen“, mahnte Ehlert in seinem Schlussappell an die rahmensetzende Politik auch in Berlin eine Rückbesinnung auf eine Freiheit und Wachstum stimulierende Ordnungspolitik an.
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