Haushaltsrede Bündnis 90/Die Grünen

Peter Knitsch - Foto: Bündnis 90/Die Grünen

Mehr als 30 Anträge hatten die Grünen in die Haushaltsberatungen 2022 eingebracht. Damit – so Peter Knitsch – hatte die Fraktion Akzente setzen wollen.

(Es gilt das gesprochene Wort, das in Teilen abweichen kann.)

Liebe Erkrather Bürgerinnen und Bürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus Rat und Verwaltung!

Die Verabschiedung des Haushaltes ist in allen Parlamenten und Kommunalvertretungen die Zeit, in der nicht nur über einzelne Haushaltsstellen, sondern auch über die grundsätzliche Ausrichtung der Politik diskutiert und entschieden wird. Wir Grüne bewerten die Politik in unserer Stadt wie in den vergangenen Jahren vor allem daran, ob sie den uns möglichen Beitrag dazu leistet, Krisen und Fehlentwicklungen zu vermeiden oder doch zumindest abzuschwächen. Dies gilt auch und gerade für den Haushaltsplan. Trägt er dazu bei, Umwelt und Klima zu schützen oder führt er unter dem Strich zum Gegenteil? Fördert er Maßnahmen für ein friedliches Miteinander, gerade auch mit und für Minderheiten? Hilft er, soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Spaltung und Ausgrenzung zu vermeiden und unsere Stadt durch eine aktive Kulturpolitik, die Förderung von Sport- und sonstigen Vereinen und sozialen und gesellschaftlichen Initiativen lebenswerter zu machen?

Unter dem Strich muss unser Urteil nach den politischen Beratungen in den Fachausschüssen auch in diesem Jahr leider negativ ausfallen. Mit über 30 Anträgen haben wir versucht, Akzente vor allem im Umwelt-, Kultur-, Sport- und Mobilitätsbereich zu setzen. Fast alle wurden von der Erkrather GroKo aus CDU, SPD und Verwaltungsspitze abgelehnt, in der Regel ohne nähere Begründung. Da ist es kein Trost, dass es den anderen Oppositionsfraktionen auch nicht besser ergangen ist als uns.

Wie eng das Zusammenspiel zwischen CDU, SPD und Verwaltungsspitze inzwischen ist und wie wenig Wert auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen im Rat von ihnen gelegt wird, zeigt exemplarisch die Sonderbehandlung von CDU und SPD bei der Versorgung mit Informationen. Gut, dass dies durch eine versehentlich weitergeleitete E-Mail nun öffentlich geworden ist.
Traurig ist, dass CDU und SPD, die mit Ihrer Mehrheit ja gestalten könnten, dies auch bei diesem Haushaltsplan beinahe vollständig unterlassen haben. Statt mit eigenen Anträgen deutlich zu machen, wie in Erkrath Zukunft gestaltet werden soll, wie beispielsweise die Umwelt erhalten, das Klima gerettet und zumindest ein wenig mehr soziale Gerechtigkeit geschaffen werden soll, üben sich die Erkrather Regierungsfraktionen wieder einmal in politischer Enthaltsamkeit und Eunuchentum! Haushaltsanträge dieser Fraktionen? Fehlanzeige.

Stattdessen wird der Entwurf der Verwaltung abgenickt und in bester Vasallenmanier alles verteidigt, was von den Lehnsherren Bürgermeister und Dezernenten vorgetragen wird. Bei der CDU ist das vielleicht noch verständlich; das Verhalten der SPD erzeugt dabei inzwischen aber selbst bei einer immer größer werdenden Zahl von eigenen Leuten nur noch Kopfschütteln.

Apropos SPD – den Vogel schießt der Vorschlag ab, die Grundsteuer nicht nur um 50, sondern direkt um 100 Punkte zu erhöhen. Das viele Mieterinnen und Mieter, Hauseigentümerinnen und -eigentümer durch massiv gestiegene Energiekosten, die allgemeine Inflation und viele auch durch Corona eh schon in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sind, scheint bei den Überlegungen der Erkrather SPD keine Rolle, zumindest keine entscheidende zu spielen!

Kommen wir zu den inhaltlichen Kernpunkten des Haushaltes aus Grüner Sicht:

1) Auch dieser Haushalt schützt nicht Umwelt- und Klima, sondern geht in vielen Punkten geradezu verantwortungslos mit unseren natürlichen Ressourcen um. Wertvolle Freiflächen werden mit Millionen Euro Aufwand erschlossen, bebaut und vernichtet. Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzepte werden zwar beauftragt und erarbeitet, Verwaltung und Ratsmehrheit ziehen aber keine durchgreifenden Konsequenzen daraus. Das Motto lautet nach wie vor: Kurs halten, weiter so wie bisher, auch wenn der Abgrund näher rückt! Das ist ökologisch verheerend und ökonomisch zumindest verfehlt!
Unsere Anträge für ein Förderprogramm zum Austausch alter Ölheizungen, für eine schnellere Umsetzung des Radverkehrskonzeptes, Abfallvermeidung und Recycling und mehr Personal beim Klimaschutz finden auch in diesem Jahr keine Mehrheit.
Bei der Fernwärme wird zwar in der Öffentlichkeit von rascher Dekarbonisierung geredet, diese hinter verschlossenen Türen im Aufsichtsrat der Stadtwerke und im sog. „Strategieteam“ aber zunehmend nach hinten geschoben! Das ist jedenfalls unser Eindruck und unsere Befürchtung nach den ersten Besprechungen zu diesem Thema. Der Geschäftsführer redet in der Presse inzwischen sogar schon vom Bau eines neuen Gaskraftwerkes. Sollten sich diese Tendenzen bewahrheiten, wäre dies kurzsichtig und verantwortungslos und würde ganz sicher nicht nur bei uns Grünen auf massiven Widerstand treffen!

2) Nachdem insbesondere die CDU, bis zur letzten Kommunalwahl zusammen mit der FDP, die Infrastruktur in unserer Stadt 30 Jahre lang hat verfallen lassen, soll dies nun innerhalb weniger Jahre aufgeholt werden. Dies führt zunehmend zu Kollateralschäden! Es ist weder schicksalhaft noch alleine auf die gute Baukonjunktur und gestörte Lieferketten zurückzuführen, dass in Erkrath sich inzwischen fast jedes Bau- und Sanierungsprojekt um Jahre verzögert und viele Millionen € teurer wird als von der Verwaltung bei der Entscheidung durch den Rat angegeben.

Allein die Mehrkosten für die Feuerwache am Cleferfeld und den Campus Sandheide summieren sich schon heute auf über 40 Mio. €, dabei ist noch nicht mal mit dem Bau begonnen worden. Beide Projekte haben sich um Jahre verzögert!
Die KiTa Karlstraße muss wegen der Baumängel wieder bis auf die Grundmauern abgetragen werden. Inbetriebnahme frühestens 2026!
Die im Wahlkampf vom Bürgermeister als Klima-Leuchtturmprojekt groß angekündigte energetische und sonstige Sanierung des Bürgerhauses liegt wegen haarsträubender Planungsfehler auf Eis; wir sind gespannt, ob und wenn ja, wann es weitergeht!
Die Entschlammung des Stadtweihers war doppelt so teuer wie vorgesehen, die Planungen ganz offensichtlich mehr als huddelig und im Ergebnis eine Katastrophe. Hier wurde nicht nur viel Steuergeld, sondern wohl noch mehr Vertrauen in der Bürgerschaft durch Verwaltungsspitze und Ratsmehrheit verspielt.
Zudem zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die ambitionierten Neubauprojekte so viel Personal und Ressourcen erfordern, dass die Pflege und Sanierung der Bestandsbauten, etwa des Schulzentrums an der Rankestraße, der Grundschulen und Kindergärten oder des Bürgerhauses, hinten runterfallen und dringend notwendige Maßnahmen wie etwa die Sanierung maroder Toilettenanlagen immer weiter verschoben werden.
Die Folgen für den städtischen Haushalt und insbesondere für die Haushaltsspielräume der nächsten Generation werden gravierend sein. Gefragt wäre eine kritische Reflektion über die Ursachen und vielleicht auch ein wenig Selbstkritik bei den Verantwortlichen. Beides: Fehlanzeige! Stattdessen: Augen zu und durch!

3) Bevor wir nicht die Mehrausgaben in den Griff bekommen, ist eine Verbesserung der Einnahmesituation wenig erfolgversprechend. So, wie sie die Verwaltung und die Ratsmehrheit von CDU und SPD vorschlagen, ist sie zudem ungerecht und das Gegenteil von nachhaltig: Das gilt für die erhofften Zusatzmillionen durch neue Gewerbegebiete auf der grünen Wiese genauso wie die einseitige Erhöhung der Grundsteuer.

Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, wie es anders gehen würde:
Auf unnötige und teure Straßenbauprojekte wie an der Berg- und Kattendahler Straße zumindest vorerst verzichten.
Statt über 2 Mio. € allein in die Erschließung der Neanderhöhe zu investieren, lieber das in Teilen marode Gewerbegebiet Unterfeldhaus modernisieren und attraktiv machen.
Statt neue Wohngebiete auf der grünen Wiese wie Erkrath-Nord ebenfalls mit Millionenaufwand und viel Personal zu erschließen, rasch bereits erschlossene Flächen wie etwa den ehemaligen Sportplatz an der Gink für den Bau preiswerter Wohnungen nutzen.
Die geplanten Neubauprojekte kritisch überprüfen; Vorrang für die Sanierung des Bestandes und Fokussierung auf die wirklich zu priorisierenden Projekte, statt sich zu verzetteln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, insbesondere aber von CDU und SPD: Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ist bereit, Verantwortung zu übernehmen und konstruktiv an der Zukunft unserer Stadt zu arbeiten. Dies setzt aber voraus, dass die Richtung stimmt und dies nicht nur verbal, sondern im konkreten politischen Handeln. Ja – politisches Handeln erfordert Kompromisse! Aber sie dürfen nicht faul sein.
Der Haushalt, wie er heute beschlossen werden soll, erfüllt diese Kriterien nicht.
Auch unser Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die an diesem Zahlenwerk mitgearbeitet haben. Unsere Kritik trifft nicht sie, sondern diejenigen, die für die politische Steuerung Verantwortung tragen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit
Peter Knitsch

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