Mit einem Gottesdienst und einem kleinen Pfarrfest im Anschluss verabschiedete sich Pfarrer Günter Ernst am Samstag, 23. September 2023, von seiner Gemeinde. Er bekam viele Präsente und war zwischendurch sichtlich gerührt.
Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, selbst die zusätzlich aufgestellten Hocker reichten nicht aus. Den über zweistündigen Hochamt-Gottesdienst verfolgten einige Menschen somit im Stehen in den Gängen. Die Kirchenchöre sorgten für die musikalische Begleitung des Gottesdienstes. Aus der Politik waren unter anderem Bürgermeister Christoph Schultz, der stellvertretende Bürgermeister Marc Göckeritz und Landtagsabgeordneter Christian Untrieser gekommen. Die St. Sebastianus Bruderschaft 1484 Erkrath sowie Mitglieder des Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) Stamm Erkrath waren zahlreich vertreten, die Große Erkrather Karnevalsgesellschaft 1996 hatte ihren Standartenträger geschickt und etliche Gemeindemitglieder sowie aktuelle und ehemalige Messdiener waren anwesend.
Ökumene in Erkrath ist mit Leben gefüllt
Als Pfarrer Ernst angekündigte, dass es zum Schluss noch Reden geben werde, sagte er in gewohnt lockerer Art: „Aber bitte fassen Sie sich kurz, denn draußen gibt es Kaffee und Kuchen!“ Daraufhin setzte er sich zu den Besuchenden in eine Kirchenbank. Ganz so kurz wurde es nicht, immerhin gab es daraufhin fünf Reden. Zunächst sprach Pascal Hengstermann als Vertreter der evangelischen Kirchengemeinde. Die ökumenischen Begegnungen sind ihm im Gedächtnis geblieben. „Ökumene in Erkrath ist nicht nur ein Wort, sondern mit Leben gefüllt“, sagte er. „Ihr Abschied wird eine Lücke hinterlassen.“
Er schätzte die Menschlichkeit und den Humor von Ernst. „Köln war für Sie ja zum Glück immer weit weg“, sagte Hengstermann in Bezug darauf, dass Pfarrer Ernst aus Sicht des Erzbistums Köln auch unkonventionelle Wege ging – dafür gab es großen Applaus in der Kirche. Während man in Alt-Erkrath Nachbarn sei, habe man in Unterfeldhaus mit dem ökumenischen Gemeindezentrum eine ‚Wohngemeinschaft‘ gegründet. „Mit allem Positiven, aber auch Negativen, was dazu gehört“.
Eine besondere Erinnerung hat Hengstermann auch an den Gemeindekarneval und erzählte eine Anekdote: Während vorne Pfarrer Ernst als Kirchenmaus auftrat, saß Hengstermann im Publikum. Hinter ihm unterhielten sich zwei Männer. Der eine Mann fragte: „Ist das der Ernst?“ Der andere Mann antwortete: „Ja.“ Der Erste darauf: „Der ist gut, der hat meine Frau beerdigt!“ Es gab Gelächter und erneut großen Applaus in der vollen Kirche.
Hobby-Gärtner Ernst werde nun „umgetopft“, so Hengstermann weiter, dabei sei er ein „tolles Exemplar aus Gottes Garten“. Danach sprach der ehemalige evangelische Pfarrer Gerhard Herbrecht, der aus Krefeld nach Erkrath gekommen war. „Ich rede hier als Freund“, sagte er zu Beginn seiner Rede. Früher habe er gedacht, dass sie einmal gemeinsam ihren Abschied feiern werden, aber nun weiß er, weshalb das nicht der Fall ist: Beide waren nun gleich lang in Erkrath tätig.
„Ich merke, du machst dir Sorgen um deine Kirche“, sagte Herbrecht. Er hätte auch Sorgen um seine Kirche, doch die seien anders. Die abnehmenden Gemeindemitglieder und schrumpfenden Finanzen mache der katholischen Kirche zu schaffen, auch Pfarrer Ernst würde sich darum viele Gedanken machen.
Dafür reicht der Kölner Dom nicht aus
Zwischen die Redner ‚mogelte‘ sich Kreisdechant Daniel Schilling, der zuvor nicht angekündigt war. Er ist Pfarrer in Ratingen, wo Pfarrer Ernst einst als Kaplan tätig war. „Noch heute redet man von Kaplan Ernst in Ratingen“, berichtete er und holte Ernst nach vorne in den Altarraum. Mit Blick auf die volle Kirche sagte Schilling: „Wie viele Menschen du in deinen Jahren erreicht hast, dafür reicht der Kölner Dom nicht aus!“ Schilling lobte die „herzliche Art“ von Pfarrer Ernst und überreichte ihm ein modernes gefrästes Kreuz als Geschenk.
Bürgermeister Schultz durfte als Vertreter der Kommune auch nicht fehlen. Er wünsche, dass Pfarrer Ernst viele Menschen erreicht habe und sagte an die Gemeinde gewandt: „Füllen Sie die Lücke und unterstützen Sie die Ehrenamtlichen!“ Aus kommunaler Sicht ist die Kirche eines der denkmalgeschützten Gebäude in Erkrath. „Beleben Sie das Denkmal mit Nutzung!“, forderte er die Gemeinde auf. Schultz wünschte Pfarrer Ernst alles Gute und hatte einen Präsentkorb mitgebracht. „Es gibt in Kalkum ganz sicher etwas zu essen, aber nicht die gute Wurst von Hanten“, scherzte er.
Ein weiteres Beispiel, wie weit Köln für Pfarrer Ernst weg ist, war der neu gegründete Flötenspielkreis. Mit Flöten und Querflöten gab es eine Musikeinlage des Liedes ‚Kommt, sagt es allen weiter‘. Wie man im Anschluss erfuhr, ist hier die Konfession egal – ob katholisch, evangelisch oder gar keinen Glauben, der Flötenspielkreis verbindet Menschen unabhängig davon. Ernst habe bei Vorstellung der Idee wie so oft gesagt: „Macht doch mal!“.
Der erste Umzugskarton wird zur Schatzkiste
Zum Schluss sprachen Elisabeth Bayer und Angelika Weber für den Pfarrgemeinderat. Sie wollten den ersten Umzugskarton packen – und brachten zu jedem Gegenstand eine Begründung mit. In Anlehnung an die bekannte Karnevalsfigur kam die (Plüsch-)„Kirchenmaus“ aus der Sakristei als erstes in den Karton. Für den neuen Garten gab es eine Garten-Zeitschrift und ein paar Blumensamen. Und auch „gar nichts“ kam in den Karton – denn „die bis zu 400 Ehrenamtlichen brauchen wir hier weiter“, sagte Bayer.
Da Günter Ernst es genau nimmt, wo was in der Kirche zu stehen habe und wann was im Messablauf passieren soll, bekam er einen Zollstock. Für die Gesundheit gab es eine Flasche Rabenhorst. Da er zukünftig selbst kochen muss, kam ein Buch voller Rezepte seiner Lieblingsspeisen in die Kiste. Diese Rezepte hatte seine langjährige Haushälterin Elisabeth Adelskamp zusammengestellt, welche in dem Zuge eine Packung Merci erhielt. Zur Erinnerung gab es Fotos von ökumenischen Veranstaltungen und zuvor abgegebene Briefe der Gemeindemitglieder. „Damit wird der Umzugskarton zur Schatzkiste“, sagte Weber.
Beim Auszug wurde mit ‚Irische Segenswünsche‘ (auch bekannt als ‚Möge die Straße uns zusammenführen‘) ein ökumenisches Lied am Ende gesungen. Damit Pfarrer Ernst auf dem Weg in die Sakristei nicht durch Verabschiedungen aufgehalten wurde, mimten Holger und Marten Wirtz die ‚Bodyguards‘.
Das Mini-Pfarrfest
Nach dem rund zweistündigen Gottesdienst wurde auf dem Kirchparkplatz gefeiert. Die St. Sebastianus Schützenbruderschaft betreute einen Getränkestand, es gab Kaffee und Kuchen sowie von den Pfadfindern Bockwürstchen im Brötchen. Pater George Njonge, der erst kürzlich aus Leverkusen nach Unterbach gewechselt war, ging über das Pfarrfest und stellte sich vielen Menschen vor. Zusammen mit Pater Leonard Nyanda hält er ab 1. Oktober die Gottesdienste in Erkrath, Unterfeldhaus und Unterbach ab. Beide sollen zukünftig in der Gemeinde als Kaplan tätig sein.
Vor dem Pfarrhaus verabschiedete sich Pfarrer Ernst persönlich von vielen Gemeindemitgliedern. Dabei wurden auch einige Briefe und Präsente überreicht, die den Weg in die „Schatzkiste“ – also dem Umzugskarton – fanden. In einer kleinen Holztruhe konnte man Spenden für Pfarrer Ernst einwerfen. Eigentlich sollte Pfarrer Ernst auf einem ‚Thron‘ sitzen, einem edlen Stuhl mit rotem Bezug. Doch wie es seine Art ist, blieb er ‚bodenständig‘ – im wahrsten Sinne des Wortes, denn die überwiegende Zeit stand er, schüttelte Hände und umarmte viele der Menschen, die sich von ihm verabschiedeten. Auch zahlreiche Fotos wurden gemacht. Bis die sich immer wieder füllende Warteschlange ein Ende hatte dauerte es fast drei Stunden und Pfarrer Ernst nahm sich für alle Zeit.
Buch über die Erkrather Kirchengeschichte
Eine Delegation der St. Sebastianus Bruderschaft 1484 Erkrath überreichte Pfarrer Ernst eine Statue des Namensgebenden Heiligen Sebastian, eine Miniatur der großen Holzstatue, die jährlich auf dem Titluarfest gezeigt wird. Sie luden den langjährigen Präses auch gleich ein: „Sie wissen ja, unser Schützenfest ist immer an Fronleichnam – Sie sind immer herzlich willkommen!“, so Brudermeister Wolfgang Heß.
Wie es mit dem Amt des Präses bei den Schützen weitergehen wird, ist noch ungewiss: Laut Satzung ist immer der „jeweilige Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde Erkrath“ der Präses der Schützen.
„Vielleicht müssen wir eine Satzungsänderung machen“, wurde von Heß und Schatzmeister Wolfgang Schink überlegt, damit einer der beiden Pater den Posten zukünftig übernehmen kann. Eine Lösung wird man sicherlich finden, waren sich die Gesprächspartner einig. Später lud das Königspaar Gereon Kirchhoff und Christiane Heiland Pfarrer Ernst noch zu ihrem Titularfest im Januar ein.
Michael Stephan hatte ein ganz besonderes Präsent mitgebracht: Schon lange hegte Pfarrer Ernst den Wunsch, dass es ein Buch über die Geschichte der katholischen Kirche in Erkrath geben soll. Dem Anliegen hatte sich Stephan, Vorsitzender der Stiftung St. Johannes der Täufer, angenommen. Das Buch „Kirche im Wandel der Zeit – Beiträge zur Geschichte religiösen Lebens in Erkrath“ behandelt dabei alle Kirchen in Erkrath, mehrere Autoren waren an dem Werk beteiligt. Das Cover zeigt ein Bild von Alt-Erkrath mit den Kirchtürmen der katholischen und evangelischen Kirche.
Günter Ernst bekam eine der ersten Ausgaben davon, blätterte direkt durch und fragte Stephan nach einer Widmung. Das Buch wird es demnächst auch im Buchhandel sowie in den Pfarrbüros zu erwerben geben.
Nachdem die meisten Gäste gegangen waren, wurden die Stände gegen 20 Uhr abgebaut, lediglich ein kleiner Kern aus der Organisation des Festes blieb noch länger. Bei einem Glas Wein zeigte sich Pfarrer Ernst zufrieden: „Besser hätte man es nicht machen können.“ Da seine Wohnung in Kalkum noch nicht fertig ist, wird er vorerst bis voraussichtlich Ende März in Erkrath bleiben – jedoch ab 1. Oktober keine Gottesdienste mehr durchführen. Stattdessen sind schon Urlaube geplant, bevor er als Subsidiar an den Pfarreien im Seelsorgebereich Angerland/Kaiserswerth tätig sein wird.
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Der Autor war früher selbst langjährig als Messdiener und Jugendleiter in der Gemeinde tätig. Wir wünschen Pfarrer Ernst einen schönen Ruhestand, viel Gesundheit und einen guten Neuanfang, wenn es in Kalkum los geht.
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