Gedanken zu Rassismus

Redaktion erkrath.jetzt

Foto: Roland Steinmann auf Pixabay

Was empfinden Menschen, die aus anderen Nationen, Kulturen, zu uns kommen, wenn ihnen Vorurteile begegnen, wenn sie allein aufgrund ihrer Herkunft ‘in eine Schublade’ gesteckt werden?

Serra, eine in Erkrath lebende Frau, hat ihre Gedanken zum Thema Rassismus zusammengefasst und uns die Erlaubnis gegeben, diesen Text hier für unsere Leser zu veröffentlichen:

“Wenn Sie noch nie Ihr Land verlassen mussten, dann wird es Ihnen schwer fallen zu verstehen, was ich denke und fühle. Die Entscheidung, in einem neuen Land zu leben, dessen Sprache, Kultur und Gesetze man nicht kennt, ist vielleicht eine der schwierigsten Entscheidungen, die man in seinem Leben treffen kann. Wenn man diese Entscheidung trifft, weiß man, dass man vielleicht nie wieder in sein Heimatland zurückkehren wird. Trotzdem habe ich mein ganzes Leben und meine Erfahrungen in einen Koffer gepackt: Ich musste meine Kindheit, meine Familie, meine Freunde und meinen Job zurücklassen und mich für ein neues Leben in einem neuen Land entscheiden.

Ich lebe jetzt seit fast drei Jahren in Deutschland, und die ersten Tage waren sehr schwierig. Wissen Sie, wie schwer es ist, seine Gefühle und Gedanken nicht ausdrücken zu können? Es gab Zeiten in Deutschland, in denen ich mich wie eine “0” fühlte, sehr wertlos. Die Menschen gaben mir dieses Gefühl – manchmal mit ihren Blicken, manchmal mit ihren Worten. Wissen Sie, was Rassismus für mich bedeutet? Es ist zehnmal überlegen zu müssen, ob man denn in seinen Lebenslauf ein Foto hinzufügen soll oder nicht. Es ist das Zögern, ob man während der Wohnungssuche in einer E-Mail seinen Namen und sein Land schreiben soll. Es ist das “sich Schämen”, den grünen Ausweis und den blauen Reisepass zu zeigen!

Bei meinem ersten Praktikum bin ich mit der Hoffnung hingegangen, dass ich dort vielleicht einen Job bekommen könnte, wenn ich meine Erfahrung vorzeigen könnte. Aber schon beim ersten Vorstellungsgespräch hat mir meine Chefin das Gefühl gegeben, dass ich nicht in dieses Land gehöre. Sie sagte: “Alle unsere Angestellten müssten katholisch sein, sonst könnten die Eltern Probleme machen.” Ich wäre hier als Fachkraft nicht geeignet, aber als Alltagshelferin dürfte ich arbeiten. Ich hatte mich noch nie so wertlos gefühlt, und das Traurigste war, dass sie mich nicht fragte, welchen Glauben ich hatte. Sie hatte mich bereits in eine Schublade gesteckt. Ich bedankte mich bei ihr und sagte, dass dies nicht mein Ziel sei… was hätte ich denn noch sagen können? Mein Deutsch war nicht ausreichend. Ich hatte Angst davor meine Gefühle und Gedanken nicht richtig ausdrücken zu können.

Dennoch habe ich dort ein sechswöchiges Praktikum abgelegt. Einige Wochen später sagte mir mein Kollege, dass viele Eltern sich gefragt haben, ob ich hier weiterhin arbeiten kann. Einerseits war ich sehr froh, denn dieses Feedback zeigte mir, dass ich meine 15 Jahre Arbeitserfahrung zeigen konnte. Andererseits aber, wusste ich bereits die Antwort auf diese Frage.

Habe ich aufgegeben? Nein, natürlich nicht. Und schließlich habe ich auch mein Ziel erreicht. Ich bin ein selbstbewusster und starker Mensch mit Zielen! Was wäre, wenn ich das nicht wäre? Aber nicht jeder hat die gleiche Stärke in diesem Leben. Durch diesen Rassismus verlieren viele Menschen ihr Selbstvertrauen, ihren Enthusiasmus und ihre Motivation zerbricht. Statt ein unabhängiges Individuum, welches auch für die Gesellschaft von Nutzen sein kann, in der sie lebt, sind sie gezwungen, in ihrer Schale zu leben. Unglücklich und orientierungslos, ohne Ziele.

Ich hatte die Gelegenheit, in Deutschland viele Menschen aus verschiedenen Kulturen, Glaubensrichtungen und Nationalitäten zu treffen. Das ist eine großartige Erfahrung! Wir können die Negativität, die Ausgrenzung und die Abwertung, die wir erfahren, nicht der gesamten Gesellschaft zuschreiben. Ich denke, dass Rassismus ein Problem von Menschen ist, die ihr eigenes Selbst und ihre eigene Persönlichkeit nicht vollendet haben.

Ich habe trotz der vielen negativen Erfahrungen, die ich gemacht habe, sehr viel Glück, dass ich in Erkrath lebe. Es gibt hier so viele wunderbare Vereine und sehr wunderbare ehrenamtlich tätige Menschen, die ich kennenlernen durfte. Ich bin diesen herzensguten Menschen dankbar, dass sie mich beim Deutschlernen und beim Erreichen meiner Ziele in Deutschland unterstützt haben. Ich wünsche mir ein Leben, in dem es nicht auf Sprache, Religion oder Rasse ankommt, in dem alle in Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit leben, in dem Rassismus kein Thema ist, über das es sich zu reden lohnt.

Denkt daran, dass wir nur dann reine Liebe versprühen können, wenn wir frei von unseren Vorurteilen sind. Nur dann sind wir in der Lage das ganze Universum mit Liebe zu bescheren. Toleranz und Liebe öffnen alle Türen…”

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