Fulminanter Start des Erkrather Jazzsommers 2022

von Susann Krüll

Wolfgang Scheelens Gastauftritt mit seiner Mundharmonika. Foto: Susann Krüll

Morgen geht der Jazzsommer 2022 in die zweite Runde. Die Veranstaltung ist seit Tagen ausverkauft. Zeit für einen Rückblick auf die erste Veranstaltung.

Am letzten Sonntag startete der diesjährige Erkrather Jazzsommer mit Blues vom Feinsten: Zusammen mit der vierköpfigen Formation ‘Bluescats’ um den Bassisten Till Brandt standen mit Tommie Harries und Brenda Boykin zwei Jazz-Legenden auf der Bühne, die mit ihren gewaltigen Stimmen und der schieren Lust am gemeinsamen Musizieren mit der Band Publikum und Veranstalter gleichermaßen in ihren Bann zogen.

Tommie Harries und Brenda Boykin – Blues im Blut

Im letzten Jahr noch Urlaubs-bedingt verhindert begrüßte in diesem Jahr Bürgermeister Schultz die Besucher des Auftaktkonzertes im fast ausverkauften Lokschuppen. „Jazz hat in Erkrath einen schönen Platz“, merkte Schultz an und dankte Helmut Stein, dem künstlerischen Leiter des Jazzsommers: „Sie haben den Kontakt zu den Künstlern und im letzten Jahr Ihre Bewährungsprobe bereits bestanden.“ Auch das Team der Abteilung Kultur – Sport schloss er in seine Danksagung ein, um dann das Mikro an Helmut Stein abzugeben. Dieser wandte sich an Till Brandt, „Bluescates“-Bandleiter und Bassist in Personalunion: „Dir ist es gelungen zum ersten Mal zwei originale Blues Ikonen zusammen auf die Bühne zu holen. Und das auch noch paritätisch besetzt, so dass es keine Probleme mit der Gleichberechtigung gibt“, scherzte Stein, bevor er die Bühne für die ‘singenden Ehrengäste’ räumte. Bereits mit dem ersten Stück ‘Morning’ zog Tommie Harries sein Publikum in den Bann. Geboren ist er in Alabama, als GI nach Deutschland gekommen und geblieben, um Musiker zu werden. Über achtzig Jahre gelebter Blues – Gesangfreude pur, im perfekten Zusammenspiel mit der Band, mit jedem der vier Musiker, im Duett der Soli. Denn sie kennen sich gut, Tommie Harries und die ‘Bluescats’, neben verschiedenen Konzerten gibt es auch eine gemeinsame CD.

Auch Brenda Boykin hat schon mit den Musikern gespielt. So wurde sie herzlich auf der Bühne begrüßt, wo ein Stuhl für die in Oakland, San Francisco Bay, geborene und nun in Wuppertal lebende Blues-Diva bereitstand. Nach ihrem ersten Stück von Brandt gefragt „are you having fun, Brenda“, lautete ihre Antwort: „Having. So much fun.“ Mit ihrer vollen, in den hohen wie tiefen Tönen gleichermaßen sicheren Stimme zog sie das Publikum vom ersten Song an in ihren Bann. Und dass ihr der Auftritt mit Tommie und den vier Musikern viel Spaß bereitet, zeigte sie immer wieder mit ihrem strahlenden Lächeln oder mit ihrem, von ganz tief unten kommenden, herzhaften Lachen. Helmut Steins begeisterter Kommentar: „Die marschieren zusammen, der Rhythmus steht wie eine eins.“ Mit einem gemeinsamen Song der beiden Ikonen ging es in die längere Mittagspause, in der im Biergarten von Hopman’s Olive Gegrilltes, Pommes und Flammkuchen auf das Publikum wartete.

Set 2 und 3 – Highlights inklusive

Einigen, gerade älteren Zuhörern, schien die Lautstärke zu hoch gewesen zu sein – das Schreiben eines Ehepaars liegt unserer Redaktion vor – und so waren die Reihen nach der Pause ein wenig gelichtet. Die, die gegangen waren verpassten Klassiker wie ‘Route 66’, den Klassiker, dem Blues-König Harries seinen ganz eigenen Stempel aufdrückte, das beeindruckende Schlagzeug-Solo von Bernd Oppel und die hinreißende Interpretation des Elvis Hits ‘Mystery Train’, bei der Brenda Boykin sowohl den ‘King’ als auch seine Ehefrau gibt. Hier blitzten ihr Humor und ihr Spaß am Musizieren mit den Musikern und ihrem Solo-Partner, Tommie Harries, mit ‘Mr. Train’ auf einzusteigen. Spiel- und Singfreude pur, die sich auf das Publikum übertrug. Nicht zuletzt dafür erhielt Boykin in der Pause nach dem zweiten Set von einem Gast folgendes Dankeschön: „Thank you for the joy you bring to us.“

Überraschung, auch für die Musiker auf der Bühne, ließ sich zu Beginn des letzten Sets erleben: Unter den Zuhörern war auch Wolfgang Scheelen, einer der besten Mundharmonika-Spieler der Jazz-Szene. Er hatte in der Pause gefragt, ob er nicht bei einem Song mitjammen könne. „Wie Helmut schon sagte, beim Blues oder beim Jazz allgemein, ist alles improvisiert. Das zeigt sich heute, wir haben einen Musiker im Publikum, der bei uns mitspielen möchte. Bist Du bereit?“ Das war Scheelen und nachdem das Mikro auch richtig auf sein Instrument eingestellt war, legte er gemeinsam mit den ‘Bluescats’ und Tommie Harries los. Und wenn das Publikum es nicht besser gewusst hätte, hätte man glauben können, es sei nicht das erste Mal, dass die Herren in dieser Kombi miteinander spielten.

Im dritten Set lüftete Michael Dierks auch das Geheimnis um seine Orgel. „Das ist eine original Hammond B3. Die Hammondorgel ist das erste elektrische Musikinstrument, es erzeugt elektrische Töne“, so Dierks, dem man die Liebe zu seinem speziellen Instrument anmerkte. Er löste auch das Rätsel um den daneben stehenden Kasten, in dem sich, wie einige Zuhörer vermuteten, eine Kühlung drehte. „Das ist zwar ein Nebeneffekt, doch die beiden sich gegeneinander drehenden Zylinder verhelfen der Orgel zu ihrer Klangfülle“, erklärte er und machte direkt die Probe auf das Exempel: ‘steril’ ohne und voll und ausdrucksvoll mit der Unterstützung. In ‘Little red booster’ ließ er sein Instrument zeigen, was alles in ihr steckt. Brenda Boykin zeigte einmal mehr ihre Komikerinnen-Seite und ließ sich auch zu einem kehligen Gackern hinreißen. Tosenden Applaus erhielten die Musiker bei ‘It’s a Blues world’. Man war versucht zu denken: „nomen est omen“. So empfand es auch das Ehepaar Schlehbusch, Stammgäste der ersten Stunde, und selbst Musiker. Sie zeigten sich von dem Konzert komplett begeistert und genossen wie die anderen Zuschauer die Zugabe: ‘Georgia on my mind’ á la Tommie Harries, ein Genuss zum Schluss.

Ausblick auf die nächsten beiden Jazz-Sonntage:

Bereits ausverkauft ist das Konzert der ‘Dutch Swing College Band’ am 14. August. Kommt mit der 1945 als studentische Jazz Combo gegründeten „DSC Band“ doch eine ‘internationale Institution des Jazz’ nach Erkrath, die sonst auf den ganz großen Bühnen auf allen fünf Kontinenten unterwegs sowie in zahllosen TV- und Filmproduktionen zu Gast war und ist. Dank Helmut Stein und seinen exzellenten Kontakten in der Jazz-Szene, hier speziell zu Lou Dassen, die ihre Kontakte hat spielen lassen, kommen die glücklichen Karteninhaber so in den Genuss, diese Legende am kommenden Sonntag im Lokschuppen zu erleben.

Am 21. August ist ab 11h mit der ‘Climax Band Cologne’, die ihr 45-jähriges Bandjubiläum bereits feiern konnte, eine Formation am Start, die ihre Wurzeln im Dixie hat. „Mit dem dritten Konzert führen wir die von meinem geschätzten Vorgänger Jacky Müller eingeführte Tradition fort und setzen mit Dixieland, Swing- und Shuffle-Rhythmen den Schlusspunkt der diesjährigen Jazztage“, so Helmut Stein.

Jazz-Fans aller Couleur können schon jetzt gespannt sein, welche Künstler der künstlerische Leiter für das große Jubiläum im kommenden Jahr verpflichten wird: Denn 2023 feiert der Erkrather Jazzsommer sein 50-jähriges Bestehen…

Restkarten für das Konzert am 21. August gibt es bei der Abteilung Kultur – Sport: telefonisch unter (0211) 2407-4009, per E-Mail: kultur@erkrath.de oder im Ticketshop: tickets.erkrath.de.

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