Frühjahrsgutachten der HWK

Handwerkskammer Düsseldorf

Handwerk Symbolbild. Foto: TiBine/Pixabay
Symbolbild. Foto: TiBine/Pixabay

Handwerkskonjunktur im Schatten des Ukraine-Krieges

Die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung im Jahre 2022 sind auch im Handwerk zerstoben. Das wird aus der aktuellen Umfrage der Handwerkskammer Düsseldorf zur Frühjahrskonjunktur deutlich.

Demnach ging das das Geschäftsklima um vier Prozentpunkte zurück und liegt nun noch bei 118 Punkten. Dass der Dämpfer insgesamt so glimpflich ausfällt, ist entscheidend auf das Bauhauptgewerbe und das Ausbaugewerbe zurückzuführen, die sich weiterhin einer außerordentlich hohen Nachfrage erfreuen und mangels Fachkräfte längst an Kapazitätsgrenzen stoßen. Die Auslastungsquote liegt in beiden Branchengruppen mit 89 Prozent (Bau) und 85 Prozent (Ausbau) mittlerweile deutlich jenseits der Vollauslastungsgrenze von 80 Prozent; die Auftragsreichweite bei knapp 16 (Bau) bzw. 11 Wochen (Ausbau). Aber auch die baunahen Branchen und Betriebe werden durch Preissteigerungen und Lieferengpässe empfindlich getroffen. Um einiges kritischer sieht die Lage im Lebensmittelgewerbe, im Gesundheitsgewerbe und bei den Personenbezogenen Dienstleistungen aus, in denen das Geschäftsklima deutlich zurückgegangen ist.

Nur in der Bauwirtschaft berichten die Betriebe im Saldo von gestiegenen Umsätzen, in allen anderen Branchen sind mehr oder weniger starke Einbrüche zu verzeichnen; so neben den genannten Branchengruppen auch im Kfz-Gewerbe, wo nur 16 Prozent der Werkstatt- und Autohandelsunternehmen seit Herbst eine Belebung der Geschäftsaktivitäten verzeichneten (Durchschnitt aller 7 Branchengruppen 26 Prozent). Auch im von größeren Betrieben gekennzeichneten Segment der Handwerke für den gewerblichen Bedarf ging das Geschäftsvolumen leicht zurück. Immerhin jedoch waren die Betriebe hier zum Umfragezeitpunkt Anfang März mehrheitlich zuversichtlich, was die Entwicklung im kommenden halben Jahr angeht.

„Alle Branchen zusammengenommen, rechnen wir im Kammerbezirk anstelle des angepeilten Wachstums nur mit schwachen nominalen Wachstumsraten im Jahr 2022, die hinter den gut 3 Prozent Wachstum aus dem Vorjahr zurückbleiben werden. Bei einer Inflation von aktuell 7 Prozent wird das real eine Schrumpfung bedeuten,“ kündigte der Präsident der Handwerkskammer Andreas Ehlert an.

Von massiven Preissteigerungen sind alle Branchen des Handwerks betroffen – manche sogar mehrfach. So muss das Lebensmittelgewerbe nicht nur gestiegene Personalkosten und Energiepreise an die Kunden weitergeben, sondern auch Preissteigerungen und Versorgungsengpässe bei Rohstoffen wie Weizen oder Ölen. Rund sieben von zehn Unternehmen des Bau- und Ausbaugewerbes, der Kfz-Berufe und der Zulieferunternehmen befürchten darüber hinaus aufgrund des Kriegs in der Ukraine weiter steigende Beschaffungspreise; über 60 Prozent Beeinträchtigungen der Lieferketten und Logistik; mehr als ein Drittel außerdem Störungen im Zahlungsverkehr.

Auch aus Sicht des Handwerks spreche – so Ehlert – „alles dafür, schnellstmöglich die Abhängigkeit von russischen Energie- und Rohstofflieferungen zu beenden, Lieferketten zu diversifizieren und insgesamt die Verwundbarkeit von Wertschöpfungsketten und Infrastrukturen zu reduzieren“. Zugleich könne und müsse das Handwerk mit vielen Gewerken selbst einen starken Beitrag zur Schaffung resilienter Infrastrukturen leisten und „Teil der Lösung“ sein – sehr konkret für mehr Energieeffizienz und mehr dezentrale, weniger verwundbare Lösungen der Energieerzeugung. „Nachhaltigkeit schließt wirtschaftliche und äußere Sicherheit mit ein,“ betonte Ehlert.

Eng damit hängt die zweite Herausforderung zusammen, vor der das Handwerk steht. Laut der Frühjahrskonjunktur zeigt das Beschäftigungsbarometer nach unten. Trotz voller Auftragsbücher und exzellenter Karriereperspektiven sucht das Handwerk händeringend Fachkräfte. 39 Prozent der antwortenden Firmen melden unbesetzte Stellen – ein Rekordwert. Bereits im vergangenen Jahr war die Beschäftigung im Handwerk landesweit leicht rückläufig. Der Trend wird sich in diesem Jahr fortsetzen – vor allem in den Branchengruppen Lebensmittelgewerbe und bei den Personenbezogenen Dienstleistungen. Abnehmende Tendenz seit Herbst weist im Übrigen auch das Investitionsklima auf.

Regional betrachtet hat sich das Geschäftsklima in den vier Regionen Raum Düsseldorf, Bergisches Land, Westliches Ruhrgebiet und Linker Niederrhein wieder angeglichen, da der Rückgang im zuletzt starken Wirtschaftsraum Düsseldorf stärker ausfiel, die Konjunktur im bergischen Städtedreieck dagegen stabiler verlief.

Ehlert mahnt als Fazit aus dem Frühjahrsgutachten die Politik zu mehr Realismus und Ernsthaftigkeit: „Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist für uns mit all seinen wirtschafts- und sicherheitspolitischen Konsequenzen noch gar nicht abschätzbar. Störungen der Lieferketten und des Zahlungsverkehrs, steigende Energiepreise, aber auch akute Versorgungsrisiken und latente Sicherheitsprobleme gefährden ganze Wertschöpfungsketten und treffen damit direkt oder indirekt auch das Handwerk empfindlich. Es liegt daher in unser aller Interesse, dass wir die freiheitliche Ordnung nach innen und außen gegen solche Bedrohungen und Risiken absichern.“

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