Freundeskreis will keine Container

Symbolbild Wohncontainer - Foto: Manfred Antranias Zimmer / Pixabay

In einem offenen Brief wendet sich der Freundeskreis für Flüchtlinge an Rat und Bürgermeister und fordert auf die Aufstellung von Containern in der Freiheitstraße zu verzichten.

Wortlaut des offenen Briefs:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schultz,
sehr geehrte Ratsmitglieder,

die Frage einer menschenwürdigen Unterbringung geflüchteter Menschen in Erkrath bewegt uns sehr. Mit großer Sorge sehen wir auf den aktuellen Beschluss, Container-Module auf dem Gelände der ehe­maligen Hauptschule Freiheitstraße zu errichten. Neben dieser aus unserer Sicht menschenunwürdigen Unterbringung befindet sich das Gelände, wie wir seit Juli alle wissen, im Überflutungsbereich der Düs­sel.

Hintergrund:

Im Juli diesen Jahres wurde die Flüchtlingsunterkunft Freiheitstr. (ehemalige Albert-Schweitzer-Schule) durch das Hochwasser derart beschädigt, dass sie unbewohnbar wurde und abgerissen werden muss. Die dort untergebrachten Geflüchteten konnten zu einem großen Teil in einer Unterkunft in Langenfeld untergebracht werden. Sobald die auf der Gruitener Str. im Bau befindliche neue Übergangsunterkunft fertiggestellt ist, wird für die in Langenfeld untergebrachten Geflüchteten wieder ausreichend Wohn­raum in Erkrath zur Verfügung stehen. Die Fertigstellung des Gebäudes Gruitener Str. wird sich nach Aus­sage der Verwaltung der Stadt Erkrath zwar um ca. 3 Monate verzögern, Langenfeld hat aber bereits signalisiert, auch für diese Zeit seine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Entscheidung des Rates der Stadt Erkrath:

In seiner Sitzung vom 3.11.2021 hat der Rat der Stadt Erkrath mehrheitlich entschieden, auf dem Grund­stück der ehemaligen Hauptschule Freiheitstr. die Umsetzung einer Unterbringung von geflüchteten Menschen durch die Aufstellung von Modulen für rd. 60 Plätze durchzuführen. (In der Ratssitzung war fast ausschließlich nur noch von Containern die Rede, nicht mehr von Modulen.)
Begründung der Stadt Erkrath: Es muss davon ausgegangen werden, dass Erkrath auf jeden Fall mit Aus­laufen des Zuweisungsstopps mit weiteren Zuweisungen rechnen muss.

Diese Entscheidung wurde getroffen, ohne vorher dem Integrationsrat und dem Ausschuss für Soziales und Wohnen der Stadt Erkrath die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.

Container/ Modulare Bauweise

Nach Auskunft der Verwaltung wurden bereits 3 Varianten dieser Unterbringungsmöglichkeiten geprüft und auch die dadurch entstehenden möglichen Kosten ermittelt. Es ist davon auszugehen, so der Käm­merer der Stadt Erkrath, dass bei den folgend aufgeführten Zahlen eine Schwankung von+/- 30 Prozent. möglich ist.

Variante a) Miete von Containern 900T€
Variante b} Kauf von Containern ohne Dämmung 1,5 Mio€
Variante c) Kauf von Containern mit Dämmung 3,5 Mio€

Es wurde keine Aussage dazu gemacht, inwiefern die für die Container notwendige Erschließung bereits in diesen Kosten berücksichtigt wurde. Im Zweifel wurden bisher nur die reinen Containerkosten kalkuliert, die Erschließungskosten würden die oben angeführten Kosten noch erhöhen. Zur Finanzierung der entstehenden Kosten wurde auf eine möglicherweise hundertprozentige Förderung durch die Wiederaufbauhilfe Hochwasser hingewiesen. Aber egal, wie sich die Finanzierung darstellt, es sind Steuermittel, die der Steuerzahler zu tragen hat. Steuermittel für eine Investition, die aus unserer Sicht vermeidbar ist.

Die Unterbringung von Menschen in Containern ist keine menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeit. Eine wohnliche Gestaltung ist durch die Bauweise und die verwendeten Materialien nicht möglich. Alleine das äußere Erscheinungsbild stellt eine Stigmatisierung der Bewohner*innen dar. Das ist nicht der Be­ginn eines gut durchdachten Integrationsprozesses, sondern der Beginn einer Ausgrenzung von Men­schen, die wir eigentlich willkommen heißen wollen.

Standort der Container:

Die Container sollen auf einem Gebiet aufgebaut werden, welches bereits durch Hochwasser stark ge­fährdet ist. Unbeantwortet blieb in der Sitzung des Rates die Frage, inwieweit eine Containersiedlung in einem solchen hochwassergefährdeten Bereich umsetzbar ist. Es ist absehbar, dass eine Umsetzung an diesem Standort erhebliche zusätzliche Kosten für den Hochwasserschutz verursacht.

Zeitfaktor:

Durch die Verwaltung muss geprüft werden, wann nun wirklich mit einem Ende des Zuweisungsstopps zu rechnen ist, bzw. wie man dieses Ende gemeinsam mit der Bezirksregierung unter Berücksichtigung der durch das Hochwasser entstandenen Ausnahmesituation vereinbaren kann.

Die für Neuzuweisungen geflüchteter Menschen zuständige Bezirksregierung Arnsberg hat aufgrund der
durch das Hochwasser verursachten fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten den bis zum 31.12.2021 gewährten Verzicht der Zuweisung Geflüchteter um weitere drei Monate verlängert. Ebenso wurde mit­geteilt, dass dort nicht beabsichtigt ist, dass Erkrath in naher Zukunft Personen mit Wohnsitzauflage zugewiesen werden. In der Sachdarstellung der Verwaltung zur Vorlage wurde aus einer Antwortmail der Bezirksregierung Arnsberg wie folgt zitiert: Demnach „werden wir bei Wiederaufnahme der Zuweisun­gen dies mit Augenmaß machen. Gerne können Absprachen zu Zeiträumen und Anzahl der Zuweisungen erfolgen, damit die Aufnahme auch ohne größere Probleme von der Stadt Erkrath umgesetzt werden können”.

Warum also ein solcher Zeitdruck? Die Bezirksregierung Arnsberg signalisiert ganz eindeutig, dass sie gesprächsbereit ist. In der Ratssitzung wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass möglicherweise mit einer größeren Anzahl von Geflüchteten zu rechnen ist, die wir dann aufnehmen müssen. Dieses ,Wir’ sollte aus unserer Sicht genauer definiert werden. Selbstverständlich sind wir hier in Erkrath bereit, Flüchtlinge, die in unzumut­baren Verhältnissen z.B. an der polnischen Grenze; aber auch immer noch auf den griechischen Inseln im Freien, bei Wind, Wetter und Kälte darauf warten müssen, dass ihnen endlich Asyl gewährt wird, aufzunehmen. Das geht in Erkrath aufgrund unserer Ausnahmesituation aktuell aber nur eingeschränkt. ,Wir’ bedeutet aber auch, dass wir nicht alleine sind. Es gibt sicherlich zahlreiche Städte, die freie Kapazi­täten haben, um Geflüchtete aufzunehmen. Wir gehen davon aus, dass die Bezirksregierung Arnsberg mit dem Wissen über die Situation in Erkrath eine Verteilung der neu ankommenden Geflüchteten auf Städte, die entsprechende Kapazitäten haben, gewährleisten wird, bis wir die Voraussetzungen für eine menschenwürdige Unterbringung geschaffen haben.

Unsere Forderungen:

Wir fordern, auf die Aufstellung von Modulen für rd. 60 Plätze auf dem Gelände der ehemaligen Haupt­schule Freiheitstr. zu verzichten. Ebenso fordern wir, dass die Verwaltung der Stadt Erkrath kurzfristig ein Unterbringungskonzept für eine nachhaltige und menschenwürdige Unterbringung der uns zugewie­senen Geflüchteten erstellt.

Wir fordern Sie, Herr Bürgermeister Christoph Schultz, auf, die Bezirksregierung Arnsberg erneut auf die Situation in Erkrath hinzuweisen und um Aufschub weiterer Zuweisungen bis zu dem Zeitpunkt zu bitten, zu dem ein nachhaltiges Unterbringungskonzept für die Geflüchteten vorliegt und umgesetzt werden kann. Die Verwaltung geht selbst davon aus, dass ein solches Konzept im 1. Halbjahr 2022 erarbeitet und vorgestellt werden könnte. Wir gehen davon aus, dass gerade die sich durch das Hochwasser ergebene Ausnahmesituation es ermöglicht, mit der Bezirksregierung Arnsberg eine entsprechende Vereinbarung zu treffen.

Wir fordern, dem Integrationsrat und dem Ausschuss für Soziales und Wohnen der Stadt Erkrath die Möglichkeit zur Stellungnahme und Beteiligung an dem von der Verwaltung zu erstellenden Unterbrin­gungskonzept für Geflüchtete zu ermöglichen.

Original des offenen Briefs

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