Frauenarmut in Europa beseitigen –

Europäisches Parlament

FEMM Committee Meeting © European Union (2018) - European Parliament

auch Frauen in Nordrhein-Westfalen sind von Ungleichheit betroffen

  • Die EU-Kommission sollte eine EU-Strategie zur Armutsbekämpfung bis 2030 mit Schwerpunkt auf Frauen entwickeln
  • Ein Leben frei von Gewalt ist Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Arbeitsmarkt
  • Geschlechterdiskriminierung in der Steuerpolitik vermeiden und Mehrwertsteuer auf Damenhygieneartikel abschaffen
  • Fast jede fünfte Frau in Nordrhein-Westfalen ist armutsgefährdet

Das Europäische Parlament fordert die EU-Kommission und die EU-Staaten auf, Ungleichheiten zu beseitigen, wie Hürden für Frauen auf dem Arbeitsmarkt und den fehlenden Zugang zu erschwinglicher Kinderbetreuung. Auch in Nordrhein-Westfalen unterscheiden sich Gehalt und Rentenansprüche zwischen Männern und Frauen stark. 

In einem Bericht, den das Parlament am vergangenen Dienstag mit 535 Stimmen dafür, 18 dagegen und 79 Enthaltungen angenommen hat, fordern die Europaabgeordneten, dass die Gleichstellung der Geschlechter wirksamer in die Politik zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit, fehlendem Zugang zu leistbarem Wohnraum und zu Energiefragen integriert wird. 

Die Europäische Kommission muss eine ambitionierte europäische Strategie zur Armutsbekämpfung bis 2030 mit konkreten Zielen und einem Schwerpunkt auf der Beseitigung der Frauenarmut entwickeln, so die Abgeordneten.

Die Gründe, warum Frauen von Armut gefährdet sind, sind vielfältig. In Nordrhein-Westfalen verdienen Frauen, die im produzierenden Gewerbe oder in der Dienstleistungsbranche arbeiten, laut Statistischem Bundesamt (S.188f.) im Schnitt 4021,00 Euro brutto pro Monat und damit 747,00 Euro weniger als Männer. Das hat auch Auswirkungen auf die Rentenansprüche. So bekommen 2.006.810 Frauen in Nordrhein-Westfalen eine monatliche Rente in Höhe von 724,27 Euro – und damit durchschnittlich 635,99 Euro weniger Rente als Männer in Nordrhein-Westfalen.  

In Deutschland sind Frauen daher tendenziell eher armutsgefährdet als Männer. Die Armutsgefährdungsquote bei Männern liegt deutschlandweit bei 15,3 Prozent, gegenüber 16,8 Prozent bei Frauen. In Nordrhein-Westfalen liegt sie im Schnitt bei 18,7 Prozent – resultierend aus 17,9 Prozent bei den Männern und 19,4 Prozent bei den Frauen. Im Bundesländer-Ranking zur Armutsquote platziert sich Nordrhein-Westfalen damit unter den letzten fünf: 

  1. Bayern: 12,6 Prozent
  2. Baden-Württemberg: 13,9 Prozent
  3. Brandenburg: 14,5 Prozent
  4. Schleswig-Holstein: 15 Prozent
  5. Saarland: 16,1 Prozent
  6. Rheinland-Pfalz: 16,5 Prozent
  7. Sachsen: 17,1 Prozent
  8. Hamburg: 17,3 Prozent
  9. Niedersachsen: 17,9 Prozent
  10. Mecklenburg-Vorpommern: 18,1 Prozent
  11. Hessen: 18,3 Prozent
  12. Nordrhein-Westfalen: 18,7 Prozent
  13. Thüringen: 18,9 Prozent
  14. Sachsen-Anhalt: 19,5 Prozent
  15. Berlin: 19,6 Prozent
  16. Bremen: 28,0 Prozent

Die sich verschlechternde soziale und wirtschaftliche Situation hat zu einer Zunahme aller Formen von Missbrauch und Gewalt gegen Frauen geführt, betonen die Abgeordneten. Sie fordern die Mitgliedstaaten auf, Frauen zu unterstützen, die aus Situationen geschlechtsspezifischer Gewalt fliehen, da ein Leben frei von Gewalt von grundlegender Bedeutung ist, damit Frauen am Arbeitsmarkt teilnehmen, ihr volles Potenzial ausschöpfen und finanziell unabhängig sein können. Das Europäische Parlament arbeitet bereits an neuen Wegen und Ideen, um Frauen in Armut zu helfen.

Arbeit von Frauen muss gerechter entlohnt werden 

Die COVID-19-Krise hat gezeigt, dass Frauen, die im Sozial-, Pflege-, Reinigungs-, Bildungs-, Gesundheits- und Einzelhandelsbereich arbeiten, eine zentrale Rolle für das Funktionieren unserer Gesellschaften spielen, heißt es in dem angenommenen Bericht. Die Abgeordneten fordern den Einsatz bereichsübergreifender geschlechtsneutraler Werkzeuge zur Beschäftigungsbewertung, damit Arbeit, die überwiegend von Frauen erbracht wird, besser bewertet und gerechter bezahlt wird.

Solche Instrumente würden auch gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit sicherstellen und gleichzeitig die unternehmerische Initiative von Frauen in kleinen und mittleren Unternehmen stärken. Zugang zu erschwinglicher, hochwertiger öffentlicher und privater Kinderbetreuung würde die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Die Mitgliedstaaten sollten geschlechtsspezifische Diskriminierung in ihrer Steuerpolitik vermeiden und die Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel für Frauen abschaffen, fordern die Abgeordneten. Sie fordern außerdem, dass die Mitgliedstaaten die geschlechtsspezifische Dimension bei der Reform der Rentensysteme berücksichtigen und eine Entschädigung für unbezahlte Pflegearbeit vorsehen sollten.

Zitat

Die Berichterstatterin Lina Gálvez Muñoz (S&D, Spanien) sagte: “Armut ist immer inakzeptabel, aber in einer reichen Region wie Europa ist sie unverständlich. Die strukturelle Armut von Frauen ist noch schwieriger zu verstehen. Sie ist eng mit der Diskriminierung verbunden, die Frauen erleiden, nur weil sie Frauen sind, und steht in engem Zusammenhang mit Kinderarmut. In den letzten Jahren haben sowohl die Frauenarmut als auch die geschlechtsspezifische Armutskluft in fast allen Mitgliedstaaten zugenommen. Wir müssen dringend handeln, um Frauenarmut zu bekämpfen, die sich durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine und die sinkenden Löhne bei gleichzeitig steigenden Preisen weiter verschärft.”

Hintergrund 

Laut Eurostat war das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung in der EU im Jahr 2020 höher für Frauen (22,9 %) als für Männer (20,9 %). Seit 2017 hat sich die geschlechtsspezifische Armutskluft in 21 Mitgliedstaaten vergrößert. Aufgrund des starken Zusammenhangs zwischen Frauenarmut und Kinderarmut ist jedes vierte Kind in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

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