Finanzielle Mittel für Frühe Hilfen des SKFM vorerst gesperrt

von Ria Garcia

Foto: LW

Mit 10:5 Stimmen hatte der Jugendhilfeausschuss sich dafür ausgesprochen, finanzielle Mittel zu dringend aufzustockenden Personalressourcen des SKFM in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe zu gewähren, auf der Antrag der SPD wurden diese Mittel nun im Haupt- und Finanzausschuss mit einem Sperrvermerk versehen.

Wenn es um den SKFM geht, wechseln die Argumentationen und Begründungen, warum man einem die finanzielle und personelle Planungssicherheit aktuell noch nicht gewähren will. Angefangen hat alles mit dem Haushaltsoptimierungskonzept, das für den vergangenen Haushalt – statt einer Grundsteuererhöhung – beschlossen wurde. Zum Preis von 100 Tsd. Euro wurde anschließend die Beratung PriceWater Coopers (PwC) beauftragt Sparpotentiale im städtischen Haushalt zu ermitteln. ‚Denkverbote‘ gab es nicht und so erschienen auf den One-Pagern der möglichen Sparmaßnahmen auch viele Projekte aus dem sozialen Bereich. Auch die drei großen Bauprojekte stellte PwC in Frage, beziehungsweise rechnete vor, dass die Stadt sich diese parallel nicht leisten könne.

Mit den vorliegenden Einsparmöglichkeiten begann die Diskussion bereits bevor der Haushalt 2023 eingebracht wurde und im Bereich Soziales mussten Aufgabenträger, vor allem der SKFM, um Zuschüsse bangen, obwohl der Bedarf in der Bevölkerung gestiegen ist. Es sind vor allem präventive Maßnahmen, die mittel- bis langfristig höhere Kosten verhindern sollen, die davon betroffen wären. Wir berichteten hier und hier. Im Haupt- und Finanzausschuss im vergangenen Herbst wurden die Entscheidungen zur weiteren Beratung in den Jugendhilfeausschuss geschoben.

Sachantrag im Jugendhilfeausschuss

Im Jugendhilfeausschuss am 2. Februar 2023 beantragte der SKFM eine moderate Anhebung der Zuschüsse aufgrund gestiegener Fallzahlen. SKFM Geschäftsführer Norbert Baumgarten erläuterte, nachdem die Verwaltung die Ablehnung des Antrags empfahl, die gesetzlichen Hintergründe (SGB VIII, §79, Abs. 2) und wies auch darauf hin, dass die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die damit gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten für Not in den Familien gesorgt hat und sorgt. Um dem gestiegenen Bedarf gerecht werden zu können, soll unter anderem im Forum Sandheide ein drittes Eltern Café eingerichtet werden, das wichtige Anlaufstelle im Bereich der Frühen Hilfen ist. „Bund und Land erkennen die hier dargelegten gestiegenen Bedarfe an und stärken die Kommunen mit vielerlei finanzieller Hilfen“, führte Baumgarten aus.

Anmerkung d. Redaktion: Die Mittel für die Bundesstiftung Frühe Hilfen wurden für 2023 um fünf Millionen von 51 auf 56 Mio. Euro aufgestockt, wie am 10. Februar 2023 berichtet wurde. Die Mittel werden von der Bundesstiftung nach Bevölkerung und Verteilungsschlüsseln an die Länder verteilt, die wiederum die Kommunen mit finanziellen Mitteln für die Frühen Hilfen unterstützen. Außerdem fördert das Land NRW zusätzlich die soziale Infrastruktur, wie die Landtagsabgeordneten Besche-Krastl und Untrieser in Pressemitteilungen berichteten. Allein aus der zusätzlichen Förderung des Landes erhält Erkath 316.008 Euro in 2023. Der städtische Haushalt, zu dem der Antrag des SKFM gestellt wurde, würde in diesem Jahr also nicht zusätzlich belastet.

Dezernent Michael Pfleging sagte, dass man mit dem SKFM im Gespräch sei. „Wir haben ein Samenkorn gesetzt, das wachsen soll.“ Man schaue nach vorn auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Der Austausch erfolge im Sinne der Menschen in dieser Stadt. Peter Sohn von der BmU kündigte an, dass die BmU den Anträgen des SKFM folgen wolle. Reinhard Knitsch schloss sich im Namen der Grünen an. Prävention sei besser, als Intervention und vor allem kostengünstiger. Ein Heimplatz koste pro Kind mehr als 60 Tsd. Euro im Jahr. Was der SKFM beantrage, läge darunter. „Es ist ein besserer Ansatz frühzeitig zu reagieren. Hier sind wir gefordert. Der entsprechende Bedarf nach dem Jugendhilfegesetz ist da.“

Detlef Ehlert von der SPD wollte sich seinen Vorrednern nicht anschließen. „Da sagt ein Verband er definiere Recht. Ich sehe mich nicht in der Lage hier zuzustimmen, ausgenommen beim Projekt Zündstoff.“ Marc Hildebrand von der CDU schloss sich Detlef Ehlert an. Das sei alles „zu vage“, man solle weiter im Gespräch bleiben. Das sei sicher sinnvolle Arbeit, aber der CDU sei das zu schnell. Es sollen erst weitere Gespräche geführt werden. Man könne die Mittel auch später im Haushaltsjahr überplanmäßig bereit stellen.

„Wir sind der Jugendhilfeausschuss. Wir beschließen jetzt. Der Bedarf wurde umfassend und schlüssig dargelegt. Warum soll der Jugendhilfeausschuss sich die Entscheidung aus der Hand nehmen lassen?“, zeigte sich Peter Sohn mit diesem Vorgehen nicht einverstanden. „Die Summe wird für Personal gebraucht. Die brauchen Planungssicherheit. Wenn wir jetzt warten, ist das Personal weg“, machte auch Reinhard Knitsch die Dringlichkeit der Entscheidung deutlich.

Jugendhilfeausschuss
Anders als in den freiwillig gebildeten Ausschüssen, die in jeder Wahlperiode festgelegt werden, ist der Jugendhilfeausschuss ein Pflichtausschuss, dessen Zusammensetzung gesetzlich geregelt ist. Er besteht aus 15 stimmberechtigten Mitgliedern, davon neun Ratsmitglieder und sechs Mitgliedern aus Jugend- und Wohlfahrtsverbänden und beratenden Mitgliedern.
Der Jugendhilfeausschuss ist ein parlamentarischer Ausschuss auf kommunaler Ebene. Er nimmt, in der zweigliedrig organisierten Behörde des Jugendamtes, gemeinsam mit der Verwaltung die Aufgaben des Jugendamtes wahr. Dabei ist die Verwaltung des Jugendamtes für die laufenden Geschäfte zuständig. Der Jugendhilfeausschuss trifft Entscheidungen von grundsätzlich fachlicher oder finanzieller Bedeutung„, ist dazu auf Haufe.de zu lesen. Dort sind auch die Aufgaben und Beschlussrechte weiter erläutert. Darüber hinaus hat der Jugendhilfeausschuss, auch in der Stadt Erkrath, eine eigene Satzung, in der Aufgaben und Rechte festgehalten sind.

Auch Andrea Bleichert meldete sich noch einmal zu Wort und berichtete vom Bedarf in den Frühen Hilfen und der Not der Familien. „Die Familien vertrauen uns. Wir haben keine Corona-Pause gemacht, sind bei Gesprächsbedarf mit den Familien im Morper Park spazieren gegangen. Da ist viel ‚Druck im Kessel‘. Es gab viele Trennungen, die Geburten in der Pandemie waren belastend und vieles mehr. Das nagt an den Menschen.“ Wenn im Ausschuss gesagt werde, man wisse nicht, was beim SKFM gemacht werde, könne sie das nicht nachvollziehen. „Wir schreiben ausführliche Berichte, können alles belegen.“ Sie berichtete, dass sie eine 27 Stunden Stelle hat und mehr als diese Stunden macht. „Ich möchte das nicht hören“, richtete sie das Wort an Detlef Ehlert, worauf er mit Andeutung auf Norbert Baumgartens Erläuterung konterte „Ich möchte das nicht lesen.“ Andrea Bleichert betonte noch einmal, dass in den frühen Hilfen hauptamtliche Mitarbeiter und nicht nur ehrenamtliche benötigt würden.

Auch Petra Quellhorst (Kinderkrankenschwester), die im Bereich der Frühen Hilfen tätig ist, berichtete noch einmal eindrücklich und bildhaft über ihre Arbeit. „Ich bin sicher, dass ich einiges verhindern kann“, versicherte sie mit Nachdruck.

Marc Hildebrand meldete sich noch einmal zu Wort. „Wir haben die Berichte gelesen. Die SPD und wir wollen die geleistete Arbeit auch gar nicht in Abrede stellen. Wir werden von Knitsch immer so dargestellt, als wenn wir mit der Sense ran gehen. Wir wollen nur seriös die Zahlen hinterfragen“, verteidigte er die CDU und die SPD. Bei Bedarf könne man die Mittel außerplanmäßig bewilligen. Bis April oder Mai sei der Haushalt geprüft.

Michaele Gincel-Reinhard hatte wenig Verständnis für die Argumentation. „Das ist Kinderschutz pur. Die brauchen jetzt Planungssicherheit. Ich kann nicht verstehen, dass eine Partei, die das ‚S‘ für sozial im Namen trägt so argumentiert.“ Auch für Reinhard Knitsch sei es nicht nachvollziehbar, dass die Zahlen überprüft werden sollten, sie lägen ja alle vor.

In der anschließenden Abstimmung stimmten 10 Mitglieder des Jugendhilfeausschusses für den Antrag des SKFM und überstimmten damit die Ausschussmitglieder von CDU (2), SPD (2) und FDP (1).

Haupt- und Finanzausschuss am 14. Februar 2023

Man hätte im Jugendhilfeausschuss annehmen können, dass der SKFM nun Planungssicherheit für das benötigte Personal hätte, zumal – wie oben ausgeführt – in diesem Jahr zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen und der Haushalt damit durch den Antrag in diesem Jahr voraussichtlich überhaupt nicht belastet sein würde. Schaut man sich die gesetzlichen Regelungen zum Jugendhilfeausschuss und auch die Satzung des Jugendhilfeausschusses in Erkrath an, würde man denken, dass der Ausschuss hier auch die abschließende Kompetenz und Entscheidungsbefugnis hat. Das ist aber wohl nicht so. Im Haupt- und Finanzausschuss gab es eine Überraschung.

Als bei den Abstimmungen zum Haushalt die Produkte des Jugendhilfeausschusses an der Reihe waren, meldete sich wieder Detlef Ehlert zu Wort. Die SPD wäre der Meinung gewesen, dass hier noch Gespräche mit dem SKFM stattfinden würden. Den Antrag des SKFM fände er ’schwierig‘. „Wir sind sicher, dass es Bedarfe gibt, aber die Verwaltung hat bis zum Ausschuss nicht klären können, ob es hier Mittel aus dem Stärkungspakt gibt.“ Deshalb solle der Antrag zwar beschlossen, aber mit einem Sperrvermerk versehen werden. (Anmerkung der Redaktion: Die Mittel müssen wiederum er vom Rat freigegeben werden, bevor sie ausgezahlt werden. Also wieder keine Planungssicherheit für den SKFM.) Detlef Ehlert stellte dazu einen Antrag.

Reinhard Knitsch hatte dafür wenig Verständnis. „Sämtliche Fachverbände haben zugestimmt. Zwei Jahresberichte auf zig Seiten liegen vor und dennoch sind SPD und CDU dagegen. (…) Wir tun uns keinen Gefallen“, wies er darauf hin, dass der Sperrvermerk keine gute Idee sei. Auch Bernhard Osterwind (BmU) konnte der Idee von Detlef Ehlert nicht folgen. „Der Antrag der SPD soll den Beschluss des Jugendhilfeausschuss faktisch kassieren“, stellte er fest. Damit fehle dem SKFM wieder die Planungssicherheit. „Es spricht nichts dagegen, die Mittel im Haushalt zu beschließen und trotzdem Gespräche zu führen“, zeigte er eine Alternative auf. Der Sperrvermerk bedeute ja gerade die Fachkompetenz von den Verbänden und der Verwaltung zu nehmen. „Ich bitte darum, dass Votum des Jugendhilfeausschusses zu akzeptieren. Auch die Unterlegenen“, appellierte er an CDU, SPD und FDP.

„Wir wollen sie dann freigeben, wenn Gespräche stattgefunden haben. Ich sehe da kein Hindernis“, meldete sich auch Bürgermeister Christoph Schultz zu Wort. Dem pflichtete dann auch die FDP bei, die den Sperrvermerk für sinnvoll hielt.

Zur Abstimmung beantragte Reinhard Knitsch dann eine namentliche Abstimmung (jede Stimme wird namentlich protokolliert). Dem Antrag der SPD auf einen Sperrvermerk stimmten CDU, SPD, AfD und FDP zu, der damit gegen die Stimmen von Grünen, BmU und Linken, angenommen wurde.

Für den SKFM fehlt damit weiterhin die Planungssicherheit und Eltern müssen vorerst auf ein Eltern Café im Forum Sandheide verzichten.

Info: Gerne hätten wir auch die Jahresberichte des SKFM in diesem Artikel verlinkt. Diese sind jedoch bisher im Ratsinformationssystem nicht abrufbar. Wir haben die Pressestelle der Stadt angeschrieben und darum gebeten uns mitzuteilen, wann diese online gestellt werden und werden die Links später ergänzen.
Update: Am 23. Februar erhielten wir die Antwort, in der uns mitgeteilt wurde, dass die Jahresberichte der Niederschrift zur Sitzung beigefügt werden, die aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Alternativ haben wir die Berichte vorab per Email erhalten und fügen sie hier zum Download ein:
SKFM Jahresbericht Fachdienst Kinder-, Jugend- & Familienhilfe | SKFM Jahresbericht 2. Chance / Zündstoff | SKFM Jahresbericht Frühe Hilfen

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