
Am 15. März startete die Freiwillige Feuerwehr Erkrath mit einem großen Festakt in der Stadthalle in ihr 125-jähriges Jubiläum. Mit rund 500 Gästen wurde in die Vergangenheit geblickt, Innenminister Herbert Reul betonte in seiner Rede das Ehrenamt.
Feuerwehr-Leiter Guido Vogt lies es sich nicht nehmen, jeden der geladenen Gäste einzeln zu begrüßen – zusammen mit seiner Stellvertreterin Dr. Kim Sarah Doht und Stadtbrandinspektor Markus Steinacker. Um Punkt 18 Uhr betrat der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Velbert die Bühne, der musikalisch den Abend begleitete. Stellvertreterin Doht übernahm gekonnt die Moderation der Veranstaltung. In der ersten Reihe saßen außer dem Bürgermeister auch Innenminister Herbert Reul und der Landtagsabgeordnete Christian Untrieser.
Bürgermeister Christoph Schultz (CDU) begrüßte die zahlreichen Gäste, neben den 140 Mitgliedern der Feuerwehr waren Vertreter von benachbarten Feuerwehren, aus dem Stadtrat, der Religionsgemeinschaften und aus Vereinen in die restlos gefüllte Stadthalle gekommen. Auch Schultz’ Vorgänger Arno Werner war unter den Gästen. Obwohl die Stadtpatenschaft mit Cergy-Pontoise, einem Zusammenschluss von 13 Gemeinden nahe Paris, nicht mehr von der französischen Seite gepflegt und 2019 aufgelöst wurde, hatte sich auch ein Vertreter der dortigen Feuerwehr auf den Weg nach Erkrath gemacht.
Schultz verlas zudem ein Grußwort der ehemaligen Bürgermeisterin Gloria Ziller, die nach einem Blick auf die Facebook-Seite mit Hunderettung und Karnevalsumzug darin äußerte, dass sie die Feuerwehr zu ihrer Zeit genauso fröhlich und hilfreich erlebt habe. Schultz sagte in seiner Rede wiederum, dass er beim Hochwasser 2021 erlebt habe, wie die gut Zusammenarbeit auch mit anderen Feuerwehren funktioniere. In den 125 Jahren habe es bei der Erkrather Feuerwehr nicht einen Todesfall im Einsatz gegeben, „das ist sehr beruhigend, daher können wir dankbar zurückblicken.“ Die neue Feuerwache, die im Juli in Betrieb gehen soll, bezeichnete Schultz als „das schönste Geschenk, was Stadtrat und Bürger Ihnen machen konnten.“ Dabei sei die Wache kein Palast, sondern diene zur Erfüllung der Arbeit.
Anlässlich des Jubiläums hat die Feuerwehr Erkrath erstmals einen „Coin“ produzieren lassen, die mit einem Feuerwehr-Motiv geprägte Münze wurde den Feuerwehr-Angehörigen übergeben. Die Zugführer sowie Innenminister Reul trugen sich in das goldene Buch der Stadt ein.


Innenminister: „Ehrbare Erkrather“ und Lob an die Frauen
Innenminister Herbert Reul (CDU) sorgte gleich zu Beginn für einen Lacher: „Endlich mal ein Pult in meiner Größe!“ Andere Redepulte seien oft auf eine höhere Größe eingestellt. „Früher durfte man so viele einladen, wie man alt wird – heute sind ein paar mehr hier“, sagte er mit Blick auf die zahlreichen Gäste. Aus „ehrbaren Erkrathern“ sei damals die erste Feuerwehr entstanden, die nicht andere machen lassen wollten, sondern selbst anpacken wollten.
Reul erinnerte daran, dass die Aufgaben mittlerweile vielfältiger seien. An die Mitglieder der Feuerwehr richtete er seinen „ganz herzlichen Dank“. Für die Zukunft erwartet er neue Aufgaben für die Feuerwehr, auch was Cybersicherheit angehe. Die neue, moderne Feuerwache sei ein „Bevölkerungsschutz-Leuchtturm“, da im Krisenfall auch die Familien der Einsatzkräfte versorgt werden könnten. „Wenn die Einsatzkräfte wissen, dass ihre Familien in Katastrophen versorgt werden, können sie beruhigt in den Einsatz gehen“, so Reul. Die neue Wache, die fast genau auf den Tag 125 Jahre nach der Gründung eröffnet werden soll, sei eine Wertschätzung und ein Signal, dass das Engagement der Feuerwehr ernst genommen werde.
„Ich finde es toll, dass es hier eine Frau als Stellvertreterin gibt“, lobte Reul. „Ich erinnere mich auch noch an die ‚Pink Lady‘, das pinkfarbene Feuerwehr-Fahrzeug. Das hat zum Nachdenken angeregt“, sagte er. Auch an die Reibekuchen auf dem Straßenfest in Trills erinnerte er sich. Damit würde man das Ehrenamt pflegen. „Ich bin stolz, in so einem Land zu leben, wo es das Ehrenamt gibt“, sagte Reul. Und ermahnte die Anwesenden, dass man öfters mal „Danke“ sagen solle, da das Ehrenamt eine Leistung zum Miteinander der Gesellschaft sei. „Die Abkehr vom Staat soll kein Flächenbrand werden“, mahnte er. Gerade, wenn man die 112 ruft, würde man direkt sehen, was der Staat leisten kann. „Wenn Hilfe ausgeblieben wäre, wäre das ein Fiasko.“

Positiv äußerte sich Reul auch über die Jugendfeuerwehr und dem Besuch von Schulklassen bei der Feuerwehr. Reul übergab eine Ehrenurkunde für die Feuerwehr Erkrath an den Leiter Guido Vogt, die Feuerwehr revanchierte sich für die Rede mit einer Sektflasche.
Rückblick mit KI und Interviews
Die Feuerwehr Erkrath wurde am 08.07.1900 gegründet. Von den Gründungsmitgliedern lebt nach 125 Jahren natürlich niemand mehr, aber dank modernster Technik konnte ein ehemaliges Feuerwehr-Mitglied aus der Festzeitschrift zum 25-jährigen Jubiläum vorlesen: Anhand eines Fotos wurde er KI-generiert zum Erzähler. Er berichtete etwa, dass zur damaligen Zeit eine Motorspritze beschafft werden sollte.
Aus dem zweiten Weltkrieg gäbe es kaum Aufzeichnungen, was für sich sprechen würde, ließ Moderatorin Doht die Gäste wissen. Für die weiteren Rückblicke gab es Videos, in denen Feuerwehr-Leiter Vogt Zeitzeugen von damals interviewte. Mit Heinz Solbach ging es in den 70er Jahren weiter – und der ersten hauptamtlichen Wache in Erkrath, die am 1. April 1972 in Unterbach in Betrieb genommen wurde, als der Düsseldorfer Stadtteil noch zu Erkrath gehörte. Eine besondere Geschichte hatte er noch im Gedächtnis: Die erste Spritze, welche in Unterbach beschafft wurde, weckte Begehrlichkeiten bei den Erkrathern und wurde daher in einer Scheune versteckt. Sie ist heute noch funktionstüchtig und stand im Foyer der Stadthalle. Zu dem Opel Blitz wusste er noch: „Das war nur was für sturmerfahrene Kameraden, denn das Fahrzeug schwankte stark.“
Solbach plante auch eine Feuerwache für Erkrath, zusammen mit einem Architekten besuchte er in der Umgegend Feuerwehrwachen, um dadurch Ideen für Erkrath zu sammeln. Die Pläne wurden durch die kommunale Neugliederung 1975 jedoch auf Eis gelegt. Die Wache an der Schimmelbuschstraße kam erst 1983. Solbachs letzte Aufgabe als Feuerwehr-Chef war die Zusammenführung der Löschzüge, was sich jedoch schwierig gestaltete. So gab es in Gruiten andere Strukturen, Unterbach wurde bei der Neugliederung der Feuerwehr Erkrath sogar ausgeklammert.
„Die Jungs beäugten uns“
In den 80er Jahren kamen dann die Frauen in die Feuerwehr: Astrid Höller (aus Unterbach) war die erste Frau bei der Feuerwehr Erkrath. Martina Schlebusch, 1984 in die Feuerwehr eingetreten, erinnerte sich, dass es damals nur Männer-Kleidung gab. Auch bei Übungen mussten sich die Frauen damals mehr anstrengen. „Die Jungs beäugten uns“, erinnerte sie sich. Daniela Volgmann kam durch Schulkameraden in die Feuerwehr. Sie erinnerte sich an ihren ersten Einsatz: Tiefgaragen-Brand am Nahe-Weg, ein Anschlag auf das Auto eines Ministers des NRW-Landtags. „Wir standen da, alles war voller Rauch.“ Irgendwie haben sie das Feuer dann aber löschen können. Auch ihr erster Einsatz unter Atemschutz ist ihr im Gedächtnis geblieben: Ein Brand in einem Flüchtlingsheim, sie rettete das Kind einer Familie. „Wenn man ein Kind an der Hand hat und es den Eltern übergeben kann, ist man glücklich und stolz“, erzählte sie.
Melissa Scholten sagte, sie sie die erste Frau bei der Grundausbildung in Düsseldorf gewesen. Auf Dokumenten stand ‚Feuerwehr-Sammelbegriff‘. „Ich habe dann gesagt, ich bin ein ‚Sammelbegriff‘“, berichtete sie mit Humor. Sie setzt ihre Karriere mittlerweile in der Feuerwehr Ratingen fort. Lisa Brandt erzählte als Vertreterin der jüngeren Generation, dass ihr Interesse beim Weihnachtsmarkt im Lokschuppen geweckt wurde, wo die Feuerwehr mit einem Stand vertreten war. Sie habe Lehrgänge gemacht und das neue Wissen „wie einen Schwamm aufgenommen.“
Der Musikzug der Feuerwehr Velbert spielte zu der jeweiligen Zeit-Epoche passende Musikstücke: Den Marsch „Preußens Gloria“, Stücke aus „Grease“ und „Frauen regier’n die Welt“. Die Partnerinnen, Partner und Angehörige bekamen von Bürgermeister Schultz und seiner Stellvertreterin Regina Wedding Rosen geschenkt. Ein Zeichen des Dankes, dass sie oft auf ihre Liebsten verzichten müssen, wenn diese im Einsatz sind.


Kreisbrandmeister Torsten Schams und Bezirksbrandmeister Mirko Braunheim hielten eine gemeinsame Festrede. Feuerwehr-Chef Guido Vogt sei „Generation Sesamstraße“, „aber wir sind eher Waldorf und Stattler aus der Muppet-Show“, begründeten sie ihren gemeinsamen Auftritt. Da Vogt aus jeder Sitzung nach eigenen Angaben eine Karnevalssitzung mache, setzten sie sich rote Pappnasen auf, streuten Konfetti und hielten eine Büttenrede. Vogt, Doht und Steinacker bezeichneten sie als „Dreigestirn“, reimten Dinge wie „Mit viel Herz und Humor im neuen Feuerwehrhaus / macht ihr jedes Feuer aus.“ Auch „Helau“ und Tusch vom Musikzug der Feuerwehr Velbert durften nicht fehlen. Vogt kündigte an: „Das gebe ich bei der Pensionierung wieder!“ Danach wurde als Zwischenmusik das Muppet-Theme von der Feuerwehr Velbert gespielt, Doht klärte auf: „Wir hatten die Ähnlichkeit auch schon erkannt.“
80er Jahre bis heute
Im vierten Akt wurde über die Gründung der hauptamtlichen Wache an der Schimmelbuschstraße erzählt. Am ersten Tag in Hochdahl gingen Funk und Telefon noch nicht. Der Wachleiter blieb nicht über Nacht. Im Unterbacher Gerätehaus war die Ausstattung spärlich, dort waren hauptamtliche und freiwillige Kräfte gemeinsam untergebracht. Für die Drehleiter musste mitunter auf die Freiwilligen gewartet werden, um diese aus der Halle zu bekommen. In Hochdahl hingegen gab es anfangs so viel Platz, dass die Privatfahrzeuge in der Halle untergestellt werden konnten. „Es gab keinen Winter, wo wir Schnee auf dem Auto hatten“, berichtete Rolf-Dieter Müller.
Alle Protagonisten bekamen zum Dank ihren Filmbeitrag auf einem USB-Stick im Feuerwehr-Design geschenkt. Bevor es mit dem letzten Akt in der Zeitgeschichte weiterging, gab es für die Gäste eine kleine Überraschung: Unter den Stühlen war ein Schokoladenriegel geklebt, „damit niemand zur Diva wird“, erklärte Doht angelehnt an die Werbung.
Für die aktuellen Entwicklungen sprach Feuerwehr-Chef Vogt, der im Juni 2027 pensioniert wird. Er erinnerte sich an die 100-Jahre-Feier 2000 in der Stadthalle. Seit 2002 gibt es einen Förderverein bei der Feuerwehr, 2005 gab es erstmals einen Brandschutzbedarfsplan, der mehrmals fortgeführt wurde. Besonders stolz ist er, dass das 2. Schutzziel (eine festgelegte Zeitangabe, wann Einsatzkräfte nach der Alarmierung am Einsatzort eintreffen müssen) durch die ehrenamtlichen Freiwilligen zu 100 Prozent erfüllt werde. Auch die Fahrzeug-Entwicklung kam zur Sprache, in diesem Jahr soll eine neue Drehleiter an die Feuerwehr ausgeliefert werden.
2008 konnte 25 Jahre Jugendfeuerwehr gefeiert werden, 2023 bereits 40 Jahre. Wegen der Schließung der Krankenhäuser im Kreis Mettmann sind mittlerweile vier Rettungswagen rund um die Uhr in Erkrath im Einsatz, zusätzlich wird für 12 Stunden ein Notarztwagen besetzt. 2009 gab es 82 Freiwillige, es wurde ein Konzept entwickelt, welches 2012 im Ausschuss und Rat vorgestellt wurde. Heute gibt es 140 aktive Mitglieder. Die Helfer wurden 2011 mit dem Bürgerpreis und 2016 mit dem St. Sebastianuspreis geehrt.
2014 stieg die Feuerwehr Erkrath in die sozialen Medien ein, seitdem gibt es eine Facebook-Seite. Ein Jahr später gab es bundesweite Beachtung für die „Pink Lady“, ein magentafarbenes Feuerwehr-Fahrzeug im Rahmen der „Augen auf!“-Kampagne. Vogt erinnerte sich, dass es einen „pinken Sommer“ gab. „Das Projekt war ein voller Erfolg“, so das Resümee. Über 15.000 Euro Spenden kamen damals für das Kinderhospiz in Düsseldorf zusammen und die Feuerwehr bekam für die Aktion den Conrad Dietrich Magirus Preis.
2019 gab es den Vollbrand in der Grundschule Sandheide, bei dem nach Brandstiftung die komplette Schule ausbrannte. Fast alle kreisangehörigen Feuerwehren waren zur Unterstützung im Einsatz. Nur zwei Monate später gab es einen erneuten Vollbrand – diesmal in der Kita Kempen, die ebenfalls nicht mehr zu retten war. Im selben Jahr begann der Neubau des Gerätehauses an der Kreuzstraße, welches im April 2020 in der Corona-Zeit in Betrieb ging. Es folgten Wechsel in der Führung der Feuerwehr, seit Anfang 2023 wird die neue Feuerwehr-Wache auf dem Cleverfeld gebaut.
Überraschungseinlage und erstes Feuerwehr-Ehrenzeichen
Die 2018 gegründete Kinderfeuerwehr hatte sich eine besondere Überraschung ausgedacht: Die Kinder und Betreuer der „Erkrather Feuer-Kids“ tanzten auf der Bühne zu einem eigens produzierten Musikvideo, welches auf Leinwand gezeigt wurde. Feuerwehr-Chef Vogt war zu Tränen gerührt. Der Förderverein konnte dank Spenden einen Wunsch der Kinder erfüllen: Sie wurden alle mit Helmen ausgestattet.
Als Schlussakt wurde noch eine besondere Ehrung vollzogen: Das von Feuerwehr und Stadtrat neu gestiftete „Feuerwehr-Ehrenzeichen zur Förderung des Brandschutzes“ wurde erstmals vergeben. Helmut Henschel, ehemaliger Leiter des Feuerwehr-Bereichs, bekam den Preis. Am 1. August 1983 in den Dienst getreten, war er bis 2017 in der Verwaltung beschäftigt. Er erstellte auch den ersten Brandschutzbedarfsplan und trieb die Gründung des Feuerwehr-Ausschusses voran. Ferner ist er Gründungsmitglied des Fördervereins und seit 2021 ihr 2. Vorsitzender. Auch die Neubauten des Gerätehauses und der Feuerwehr-Wache sind ihm eine Herzensangelegenheit, daher hat er bei den Neubauten seine Expertise durch Beratungen eingebracht.

Zum Abschied der dreistündigen Veranstaltung wurde die Nationalhymne sowie die Europahymne dargeboten. Im Foyer wurden noch bis in den späten Abend Geschichten ausgetauscht und gefeiert.


Toller Bericht Christian!
Vielen Dank.