Fernwärmeversorgung in Erkrath Hochdahl

Redaktion erkrath.jetzt

Archivfoto © RG

Sind Anschlusswerte für Fernwärme überhöht? In einem laufenden Verfahren wird das beim Landeskartellamt geprüft.

Dr. Hermann Lossau, selbst Fernwärmekunde, hat sich mit einem Brief, den er den Redaktionen zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat, an den Bürgermeister gewandt. Er erwartet mit Übernahme der Fernwärme durch die Stadtwerke eine transparente Preisgestaltung, bei der sich die Preise ab 2023 auch am tatsächlichen Wärmebedarf orientieren. Dr. Hermann Lossau hat auf Nachfrage vom Landeskartellamt erfahren, dass eine Entscheidung noch in diesem Jahr fallen soll, sodass er erwartet, dass die Preise durch die Stadtwerke für das kommende Jahr angepasst werden können. Er fordert Bürgermeister Christoph Schultz dazu auf, regelnd einzugreifen.

Sein Brief an den Bürgermeister:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schultz,

ich habe in den letzten Jahren immer wieder versucht, in mehreren Eingaben an Sie die Situation der Fernwärmeversorgung in Hochdahl dazustellen und immer dabei auch darauf hingewiesen, welches hohe Konfliktpotenzial mit diesem Thema verbunden ist.

Fast jeder Fernwärmekunde hat inzwischen das begründet unsichere Gefühl, dass mit den Fernwär­meabrechnung etwas nicht in Ordnung ist. Dabei geht es überhaupt nicht um die kriegsbedingten hohen Energiekosten, die die Fernwärmepreise immens nach oben treiben. Es geht um die langjährige Struktur der intransparenten Preisgestaltung und die darin versteckten überhöhten Berechnungen. Um es klar zu sagen: Ich höre in der Nachbarschaft nur noch von Unverständnis, Wut und auch von Bürgern, die bereits Klagen vorbereiten. Die von E.ON vorgelegte Preisermittlung versteht kaum jemand.

In der Sache ist doch inzwischen unbestritten, dass schon in den 70er Jahren Esso-Favorit, die EGH und die städtische Bauleitplanung damit einverstanden gewesen sein müssen, für Neubauten und Fernwärmeneukunden die Anschlusswerte in den individuellen Versorgungsverträgen der Esso-Favorit viel zu hoch anzusetzen. Damit sollte offensichtlich eine für die EGH missliche Lage zu Lasten der Fernwärmekunden ausgeglichen und entschärft werden. Denn die EGH war im Fernwärmevertrag von 1973 (Basisvertrag) davon ausgegangen, dass Hochdahl bis zu einer Einwohnerzahl von ca. 60.000 Einwohnern anstieg und entsprechend mit Fernwärme versorgt werden sollte. Nachdem dieses Ziel wenig später auf ca. 35.000 – 40.000 Einwohner reduziert wurde, muss Esso-Favorit wohl weiterhin auf den bisher vereinbarten Zahlungen bestanden haben, zumal bereits investiert worden war. Lösung damals: Erhöhung der Anschlusswerte für Neubauten (und Neubürger) und dieses auch noch ganz unterschiedlich und intransparent für die verschiedenen Baugebiete und Bauleitverfahren. Erst in den 80er Jahren ließ der Fernwärmeversorger Vertragskorrekturen am Fernwärmevertrag einzelner Bürger zu, allerdings unter Ausnutzung seiner Monopolstellung mit einer 9-monatigen Wartezeit. Bei weitem nicht alle Bürger wussten davon, insbesondere auch viele Mieter, die ja oft auch eigene Versorgungsverträge hatten.

Der Anschlusswert soll den Wärmebedarf wiedergeben. Geht er darüber hinaus, zahlt der Kunde für Wärme, die er gar nicht benötigt. Bei Anschlusszwang und einem Monopolanbieter benötigt der Kunde sehr viel Kraft bzw. Rechtsbeistand, um die Werte realistisch für sein Haus anzupassen.
Sie wissen sicher genau, dass das Bundeskartellamt 2017 diese Praxis aufgedeckt und die lnnogy SE im Vergleich dazu brachte, zu viel gezahlte Beträge an die Bürger zurückzuzahlen (Bundeskartellamt, 8. Abt., Beschluss B8 30/13 vom 13.02.2017). Das hat lnnogy SE für die Jahre 2010 bis 2012 auch getan, um dann danach unbeeindruckt die bisher überhöhten Preise weiterhin zu berechnen.
Erst als eine Bürgerinitiative sich in Hochdahl 2020 zusammen mit vielen einzelnen Fernwärmekunden an das Landeskartellamt NRW wandte, wurde dort ein weiteres Verfahren wegen des Verdachts auf zu hohe Fernwärmepreise eingeleitet, das noch nicht abgeschlossen ist, wie ich in meinem Telefonat vom 16.11.2022 mit der zuständigen Leiterin des Landeskartellamtes erfuhr. Eine Entscheidung sei aber voraussichtlich noch 2022 zu erwarten. Die Erkrather Bürger dürfen bei dieser Entscheidung des Landes NRW erwarten, dass ihre Anliegen sorgfältig geprüft und das Prüfverfahren wie auch das Ergebnis so transparent gemacht wird, dass dieses jeder Bürger verstehen und nachvollziehen kann. Ich denke, dazu wird auch sehr viel Öffentlichkeitsarbeit in Erkrath nötig sein.

Mit großer Sorge habe ich nun festgestellt, dass die Stadtwerke Erkrath die bisherigen Preislisten der E.ON einfach übernahmen und im Internet bekannt machten. Damit besteht jetzt auch der Verdacht, dass die Stadtwerke ab 2023 möglicherweise weiterhin strukturell zu hohe Preise berechnen werden. Ich werde – soweit ich dazu als Bürger die Möglichkeiten habe – prüfen lassen, ob diese Tatsache rechtlich Bestand hat. Ggfs. müsste die Landesregierung von den Bürgern Erkraths gebeten werden, die Stadtwerke Erkrath noch in das laufende Preisprüfungsverfahren bei der Landesregierung einzubeziehen.

Sehr geehrter Herr Schultz: Sie müssen in dieser schwierigen Lage klar Position beziehen.
Ich darf doch davon ausgehen, dass Sie die Anliegen der Bürger der Erkrather Bürger unterstützen und Wege finden, zukünftig überhöhte Preise zu vermeiden! Ein Weg bestünde darin, dass die Stadtwerke jetzt die Chance nutzen, die zukünftigen Preise ab 2023 am tatsächlichen Wärmebedarf auszurichten.
Dieses zu regeln, ist Ihre Aufgabe als Bürgermeister dieser Stadt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Lossau

4 Kommentare

  1. Fernwärmeversorgung in Hochdahl! Dr. Hermann Lossau hat in einem Brief an Herrn Bürgermeister Schultz auf einige Probleme der Fernwärmeversorgung in Hochdahl hingewiesen. Dieser Brief wurde in “erkrath.jetzt”, Rubrik Hochdahl, am 28.11.veröffentlicht. Wir sind sehr dankbar, dass auf diesem Wege gravierende Unklarheiten zur Fernwärmeversorgung öffentlich geworden sind. Neugierig sind wir auf die Antwort von Herrn Bürgermeister Schultz und regen an, diese ebenfalls in “erkrath.jetzt” zu veröffentlichen.

  2. Der Anschlusswert für ein Einfamilienhaus mit 120 qm Wohnfläche wird in einer Musterrechnung von E.ON für 2022 mit 15 Kilowatt angegeben, was eindeutig zu hoch ist:

    (googlen bei Erkrath-Hochdahl und dann runterscrollen bis Musterrechnung)
    Und die prognostizierten Fernwärmekosten für 2022 sollen für dieses Haus auf 7.651,41 € in 2022 steigen. Das sind sage und schreibe 124 Prozent mehr im Vergleich zu den “nur” 3.419,90 € in 2021.

  3. Wie kommen die unterschiedlichen Preisberechnungen zustande? Warum zahlen Fernwärme Kunden in Düsseldorf weniger? Soweit mir bekannt bezieht Fernwärme Erkrath von Uniper das Gas. Uniper wurde durch die EON gegründet.
    Wurden/werden zwischen Uniper und EON die Preise willkürlich festgelegt? Wäre sehr nett, wenn Herr Schultz auch hierzu einen Kommentar abgeben könnte. Und welche Unterstützung erhalten “Zwangs verpflichtete” Fernwärme Kunden für die EON Abrechnung 2022?

  4. E.ON. muss Fernwärmekunden Geld zurückzahlen.

    Die BmU hatte Anfang 2020 die Landeskartellbehörde angerufen und ihr zahlreiche Abrechnungen von E.ON zugeleitet.
    Die Landeskartellbehörde hat darauf hin ein kartellrechtliches Verfahren eingeleitet.
    Für die Jahre 2017 bis 2019 hat die Kartellbehörde nun eine Rückzahlung durch E.ON veranlasst.
    Preissystem Mehrfamilienhäuser:
    für 2018 1,47 €/MWh
    für 2019 1,60 €/MWh
    Preissystem 2 Veräußerung EFH ab 1.8.1977
    für 2017 0,88 €/MWh
    für 2018 5,06 €/MWh
    für 2019 5,00 €/MWh
    Preissystem 1 Veräußerung EFH vor 1.8.1977
    2018 1,49 €/MWh
    2019 1,60 €/MWh

    Die Ergebnisse der Kartellbehörde müssen nun erst mal aus Kundensicht bewertet werden. Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Rückzahlung nur sehr gering ist, die Kartellbehörde nur drei der vier verschiedenen Preisanpassungsformeln thematisiert und für 2020 keine Rückerstattung vorsieht, da Hochdahl nun nicht mehr „preisauffällig“ sei. Da sind noch Fragen offen.

    erstattet werden die Beträge mit der Jahresrechnung 2022 und (erstaunlicher Weise) 2023.

    Mit freundlichen Grüßen

    Bernhard Osterwind

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