Fernwärmekunden suchten ‘Anschluss’

Gut besuchte Gründungsveranstaltung der IG Fernwärme in der Aula des Gymnasium Hochdahl. Foto: Michelle Meier

Rund 150 Fernwärmekunden aus Hochdahl folgten am vergangenen Freitag dem Aufruf zur Gründung einer Interessenvertretung. Es waren weitaus mehr, als die Initiatoren im Vorfeld erwartet hatten.

Wer teilnehmen oder mitwirken möchte, der melde sich bitte per Email, hieß es in der Einladung, die auch wir veröffentlicht hatten. “Wir bekamen so viele Rückmeldungen, dass klar wurde, dass der gewählte Ort für die Veranstaltung zu klein sein würde”, erzählte uns Bernhard Osterwind, der den Aufruf gemeinsam mit Ulf Pambor, Werner Siepe und Peter Knitsch gestartet hatte. Vom Sitzungsraum 3 im Bürgerhaus zog die Gründungsversammlung dann schließlich in die Aula des Gymnasiums Hochdahl. Die vier Initiatoren hatten kurze Vorträge vorbereitet, die die Themen ‘Preisgestaltung E.ON’, ‘Geschosswohnungen’, ‘Rechtliche Möglichkeiten’ und ‘Dekarbonisierung’ kurz und prägnant erläuterten.

Preisgestaltung und Geschosswohnungsbau

In der Präsentation der Preisgestaltung wurde noch einmal die Entwicklung der Fernwärmepreise in Hochdahl aufgezeigt. Der Arbeitspreis hat sich von 2020 zu 2021 mehr als verdoppelt. Das hat die Fernwärmekunden in Hochdahl mit der Endabrechnung deutlich getroffen. Was aber noch viel schwerer wiegt: Von 2021 zu 2022 hat sich der Arbeitspreis noch einmal verdoppelt und diese Endabrechnung steht 8.500 Fernwärmekunden noch bevor. Werner Siepe erklärte in seinem Vortrag auch, aus welchen ‘statistischen Werten’ der Arbeitspreis zusammengesetzt ist.

Interessant für Eigenheimbesitzer war natürlich die Information, dass sie auf Antrag bei E.ON den Anschlusswert um bis zu 50 Prozent senken können. Das führt zu einer Halbierung des Grundpreises. Diese Möglichkeit wird Kunden im Geschosswohnungsbau und das sind 6.600, oft verwehrt. Inzwischen wird die Grundpreissenkung einmalig mit ca. 128 Euro in Rechnung gestellt, während Kunden in der Vergangenheit noch ‘kostenlos’ die Grundpreissenkung beantragen konnten. Die Rechtmäßigkeit dieser Gebühr wurde in Frage gestellt. Ein Hochdahler Fernwärmekunde hat bei dem Antrag auf Senkung des Anschlusswertes der Gebühr widersprochen und darauf hingewiesen, dass es dafür keine rechtlich verbindliche Grundlage gäbe, denn weder im Vertrag noch im der Rechnung anhängenden Anlage Preisblatt ‘Sonstige Kosten’ sei eine solche Gebühr aufgeführt. Am Ende wurde ihm die Gebühr nicht in Rechnung gestellt. Durch die Erhebung der Gebühr würde sich der Einspareffekt für Fernwärmekunden erst im übernächsten Jahr bemerkbar machen.

In einer beispielhaften Berechnung der Anschlusswerte im Hochdahler Fernwärmenetz stellt Bernhard Osterwind dann die Frage “Sind die Anschlusswerte zu hoch?” und bezieht diese Frage vor allem auf den Geschosswohnungsbau mit Eigentümern oder Mietern.

Die Präsentation von Werner Siepe erlaubte den Fernwärmekunden auch einen Blick auf die Preise, die in ‘Nachbarstädten’ erhoben werden, wie etwa Düsseldorf, Ratingen, Duisburg, Köln oder Teile von Leverkusen. Im Vergleich wird in Hochdahl mit Abstand der höchste Preis erhoben. Was die Nachbarstädte gemeinsam haben: Entweder sind die jeweiligen Stadtwerke Fernwärmeanbieter oder Gesellschaften mit kommunaler Beteiligung. Bei Vergleich ähnlich großer Versorgungsgebiete in Deutschland, beispielsweise in Schleswig-Holstein, bewegt sich Hochdahl unter den vier teuersten Netzen.

Rechtliches und die angestrebte Dekarbonisierung

Peter Knitsch gibt schließlich einen Überblick über die rechtlichen Möglichkeiten sich gegen möglicher Weise zu hohe E.ON-Rechnungen zu wehren. Er nennt die ‘Überprüfung durch die Landesenergiekartellbehörde nach § 29 GWB’, die ‘Musterfeststellungsklage nach § 606 ZPO’ und die ‘Individuelle Klage bzw. sich verklagen lassen’. ‘Sich verklagen lassen’ würde eintreten, wenn Fernwärmekunden die Rechnung mit der Nachzahlung nicht begleichen.

Ulf Pambor erlaubte den Fernwärmekunden dann noch einmal einen Blick auf den Ist-Zustand des Fernwärmenetzes und die möglichen Wege zur Dekarbonisierung des Netzes.

Lob und Fragen

Mit dem Aufruf zur Gründung einer Interessengemeinschaft haben die vier Initiatoren offensichtlich ‘einen Nerv’ getroffen und dafür inzwischen viel Lob erhalten. Die Fernwärmekunden, die die Gründungsveranstaltung besuchten, hatten aber auch einige Fragen an die Initiatoren. Eine der wichtigsten war: “Können wir überhaupt noch etwas wegen der Rechnung für 2021 tun?” (Viele Fernwärmekunden haben die Rechnung bereits beglichen.) “Auch wenn man schon bezahlt hat, kann man noch Widerspruch einlegen”, erklärt Bernhard Osterwind. Die verschiedenen rechtlichen Wege hatte Peter Knitsch in seinem Vortrag aufgezeigt. Bernhard Osterwind, der selbst Fernwärmekunde ist, hat sich für den Weg entschieden ‘sich verklagen zu lassen’, in dem er die Nachzahlung erst einmal nicht begleicht. “Ich erhoffe mir, dass ich damit mehr Transparenz schaffen kann, denn vor Gericht muss E.ON die eigene Rechtsposition begründen.”

Die Initiatoren pflegen inzwischen Kontakte zu einigen anderen Fernwärmeinitiativen und streben weitere an. Auch Kontakt zur Verbraucherzentrale wurde aufgenommen. “Wir versuchen die Frage zu klären, ob eine Chance auf eine Musterklage besteht”, erklärt Bernhard Osterwind. Mit 8.500 Anschlüssen und einem 50 Kilometer langen Netz sei Hochdahl unter den Fernwärmegebieten schon ‘ein großer Fisch’.

Wie geht es weiter?

Zu den vier vorgestellten Themenblöcken der überparteilichen Interessengemeinschaft gründen sich Arbeitsgruppen, die sich dem Thema weiter widmen. In der Gründungsveranstaltung haben sich schon spontan Fernwärmekunden gemeldet, die ihre jeweilige Kompetenz einbringen möchten. In der Gruppe A (Preisgestaltung) sind aktuell 23 Mitglieder verzeichnet. Gruppe B (Rechtliches) zählt 18 Mitglieder. In der Gruppe C (Geschosswohnungen) haben sich 7 Mitglieder zusammengeschlossen und in der Gruppe D (Dekarbonisierung) sind es 13 Mitglieder. Weitere Mitglieder sind jederzeit willkommen. Auch weitere Informationsveranstaltungen soll es künftig geben.

Die Interessengemeinschaft möchte bei der Erneuerung und Dekarbonisierung der Fernwärme eng mit den Stadtwerken zusammenarbeiten, die seit dem 1. Januar 2023 das Fernwärmenetz von E.ON übernommen haben und ‘Stimme der Fernwärmekunden’ sein.

Was geschehen wird, wenn die Jahresendabrechnung für das Jahr 2022 letztmalig von E.ON an die Kunden versandt wird, ist noch nicht abzusehen, denn dann steht noch einmal eine Verdopplung der Kosten im Raum, über die viele Kunden schon 2021 entsetzt waren. “Ich bin mir nicht sicher, ob die Stadt die Dimension schon erkannt hat”, befürchtet Bernhard Osterwind auch eine massive Belastung der städtischen Kassen. Neben den Kostensteigerungen für eigene Liegenschaften der Stadt, dürfte sich auch seiner Sicht auch die Zahl der Menschen deutlich erhöhen, die sich gezwungen sehen, zum Sozialamt zu gehen.

Kontaktmöglichkeiten:

  • Gruppe A (Preisgestaltung):
    Werner Siepe, Kopernikusstr. 19, werner-siepe@posteo.de, Tel. 02104/42420
  • Gruppe B (Rechtliches):
    Peter Knitsch, Wacholderweg 11, peter.knitsch@t-online.de, Tel. 02104/804404
  • Gruppe C (Geschosswohnungen):
    Bernhard Osterwind, Bergstraße 13, osterwind-erkrath@t-online.de, Tel. 02104/46506
  • Gruppe D (Dekarbonisierung):
    Ulf Pambor, Itterstr. 25, up@pambor.com, Tel. 02104/7909787

2 Kommentare

  1. 1)Die fast Verdoppelung des fernwärmepreises von 2020 -2021 ist sachlich durch nichts gerechtfertigt.
    2) Die in unserem Objekt (25 WE , 48.000 EUR Jahreskosten) unterschiedliche spezifische Wärmepreiserhöhung für Heizwärme und Warmwasserwärme ist unlogisch.
    3) ….ebenso zu beanstanden ist die EON -Abrechnung für Warmwasserwärme nach cT/ m³. Dies widerspricht den Verordnungen AVBFernwärmeV und der nachfogenden FFVAV.

  2. Es ist schon sehr traurig, wie scha.los hier mit Kunden und letztendlich dem Steuerzahler umgegangen wird. Es wird alles versucht um an das Geld zu kommen. Ein gutes Beispiel ist auch Wuppertal, wo damit im Internet geworben wurde, daß der größte Teil der Energie aus der Verbrennungsanlage kommt. Diese Werbung war nach der horrenden Preiserhöhung dann verschwunden. Ich hoffe der Betrug wurde aufgedeckt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. In einem Bericht habe ich gelesen, daß immer wieder Gesetze verhindert wurden, die die Preisgesaltung transparenter machen sollten. Hier wurden von den Energieversorgern die Kommunalpolitiker immer wieder aufgefordert ihren Einfluss geltend zu machen, um neue Gesetze zu verhindern! Die Kommunen subventionieren mit den Konzessionsabgaben angeblich ihre Haushalte. Jetzt werden aber viele Kommunen auf Umwegen für nicht Zahlungsfähigkeit Mieter zur Kasse gebeten, oder der Steuerzahler über die Preisbremsen, tolle Marktwirtschaft.

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