Im Rat fiel eine Entscheidung, mit der so keiner gerechnet hatte. Nach eingehender Diskussion wurde beschlossen künftig gar keine Standgebühr mehr zu erheben. Eine Pönale für gewerbliche Anbieter bleibt.
Bündnis 90/Die Grünen hatten einen Antrag gestellt, der Vereine und Verbände von Entgelten für den Feierabendmarkt befreien sollte. Wie wir zuvor berichtet hatten, stand das textlich bereits so in der gültigen Entgeltordnung, die unter Ortsrecht und Satzungen auf der städtischen Homepage aufgerufen werden konnte. Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung im August stand der „Verzicht auf Pönalentgelt bei kurzfristigen Absagen durch Vereine“ auf der Tagesordnung. Bei kurzfristiger Absage wäre die Vertragsstrafe in Höhe von 100 Euro bis dahin auch von Vereinen fällig geworden. Dass bei der Änderung der Entgeltordnung auch das Versäumnis des Satzeinschubs „ohne wirtschaftliche Aktivitäten auf dem Feierabendmarkt“ geheilt werden sollte, war in der Sachdarstellung nicht erwähnt.
Kämmerer Thorsten Schmitz äußerte, dass zur bisherigen Entgeltordnung ja in der Vorlage zum damaligen Beschluss ausgeführt gewesen sei, dass diese Einschränkung gälte und der Rat einen einstimmigen Beschluss gefasst hat. In der Entgeltordnung selbst, die verbindlich seien müsste, stand es dann aber nicht.
Spurensuche
In einer Recherche haben wir versucht herauszufinden, wann und wie sich eigentlich „der Fehler“ in die damalige Beschlussfassung eingeschlichen hat. Zur Etablierung der Feierabendmärkte wurden 2021 und 2022 keine Standgebühren auf dem Feierabendmärkten erhoben. Im Januar 2023 stand dann die Frage der künftigen Finanzierung der Märkte erstmals im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung auf der Tagesordnung und wurde eingehend diskutiert. Mehrheitlich wurde folgender Beschluss gefasst:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung empfiehlt dem HFA und Rat die Erhebung einer Gebühr für die zukünftigen Feierabendmärkte.
Eine Gebühr für Vereine und Verbände wird nicht erhoben.
Im Haupt- und Finanzausschuss und Rat im Februar 2023 gab es dann eine Ergänzungsvorlage, deren Sachdarstellung tatsächlich den von Kämmerer Thorsten Schmitz angeführten Hinweis enthielt:
Eine Befreiung setzt voraus, dass es sich bei den Ständen um reine Informations- bzw. Präsentationsstände handelt und bspw. keine Verträge über Mitgliedschaften o.ä. geschlossen werden.
Allerings lautete der einstimmige Beschluss des Rats „Der Rat beschließt die Entgeltordnung für die Feierabendmärkte der Stadt Erkrath (Anlage 1 zur Vorlage).“ und so war die Einschränkung ohne wirtschaftliche Aktivitäten auf den Feierabendmärkten offensichtlich nicht Teil der Beschlussfassung, denn in der Anlage 1 war sie nicht ausgeführt.
Diskussion in der Ratssitzung am Dienstag
Bürgermeister Christoph Schultz hatte zu Beginn des Tagesordnungspunkt gesagt, dass die Verwaltung doch keine Zivilfander über den Markt schicke, um zu verdeutlichen, dass man bestimmt nicht kleinlich sei. Niemand würde mit dem Zollstock nachmessen oder nach ausliegenden Mitgliedsanträgen schauen. Barbara Geiss-Kuchenbecker (Grüne) versuchte noch einmal auf den Antrag der Grünen einzugehen und zu erreichen, dass zumindest gemeinnützige Vereine befreit sein sollten, die ihre Einnahmen weiterspenden. Bernhard Osterwind erläuterte, dass gemeinnützige Vereine gar nicht weiterspenden dürfen, da sie sonst die Gemeinnützigkeit verlieren.
Im Kern ging es Geiss-Kuchenbecker darum, dass beispielsweise keine Gebühren für den Weltladen anfallen sollten oder auch für die ehrenamtlichen Damen von Heimat:Erde. Eben an alle, die ihren Erlös weiterspenden. Aber da gingen dann „die Probleme“ um einen Konsenz erst los, denn Heimat:Erde ist kein Verein. Die vier Damen nähen seit Jahren ehrenamtlich und sehr nachhaltig Brotbeutel aus Stoffresten, die sie als Spenden erhalten. Nähgarn, Kordeln, Zubehör finanzieren sie in der Regel aus eigener Tasche. Waschen, bügeln, nähen von Zuhause aus und spenden die kompletten Erlöse aus den erhaltenen Spenden für die Brotbeutel für einen guten Zweck. Ans Frauenhaus, an die Frauen beim Gute Nacht Bus und viele andere soziale Projekte, die Frauen helfen.
Nachdem die Verwaltung argumentiert hatte, dass im Sinne der Gleichbehandlung Vereine nicht von dem Entgelt befreit werden können, wenn die gewerblichen Standbetreiber Entgelte zahlen müssen, kam die Frage auf, wieso man Vereine dann von der Pönale befreien könne. Bürgermeister Schultz betonte, dass die Pönale relevant sei, damit Standbetreiber nicht nach Lust und Laune entscheiden würden, ob sie kommen oder nicht, weil sonst auf dem Feierabendmarkt Lücken entstehen. (Anm. d. Redaktion: Der Erfolg des Feierabendmarkts im Ganzen hängt natürlich auch von einem abwechslungsreichen Angebot und genügend Auswahl ab.) Die sehr unterschiedlichen Satzungen in den verschiedenen Städten gäbe es, weil es natürlich in jeder Stadt auch einen Stadtrat gibt, der sie beschließt. Leonard Kern-Wager führte an, dass – wenn die Verwaltung prüfen müsse, wer seine Erlöse weiterspendet – ein immer größerer Personalaufwand nötig wäre. „Wir zielen nicht darauf ab, die Pönale abzuschaffen. Wir wollen Initiativen und Vereine von Entgelten und Pönale befreien“, erklärte Peter Knitsch noch einmal zum Antrag der Grünen.
Keine Entgelte mehr
Nach inzwischen fast drei Stunden Ratssitzung und einer Diskussion, die an dieser Stelle nicht zu einem einigen Ergebnis führte, fasste sich Julia Götte (CDU) ein Herz. „Wie hoch waren noch einmal die jährlichen Einnahmen aus den Entgelten?“ fragte sie. Thorsten Schmitz hatte vorher auf Nachfrage erwähnt, dass die Stadt im Jahr aus den Entgelten rund 3.000 Euro einnehme. Nachdem sie noch einmal die Bestätigung hörte, beantragte sie, dass die Entgelte komplett entfallen sollen. Einzig die Pönale für gewerbliche Anbieter solle bleiben, um den Erfolg des Feierabendmarktes nicht zu gefährden. Bürgermeister Christoph Schultz merkte an, dass es dann vielleicht Feierabendmarktordnung und nicht Entgeltordnung heißen müsse.
Vereine und Initiativen können sich über den überraschenden Beschluss, der am Dienstagabend im Rat gefasst wurde, freuen. Sie müssen künftig weder Entgelte für ihre Stände entrichten, noch müssen sie mit einer Pönale rechnen. Und da sie alle Teil der starken Gemeinschaft Erkrath sind, werden sie das mit Sicherheit auch nicht ausnutzen und rechtzeitig absagen, wenn sie nicht teilnehmen können.
Freut uns zu hören. Wir denken auch, dass der Verwaltungsaufwand in keinem Verhätnis zu den Einnahmen aus den Standmieten stand. Unter diesen Bedingungen werden wir bestimmt auch wieder einen Stand buchen.