Energiesparen ist die einzige Waffe

von Ria Garcia

Im Gespräch über die Herausforderungen der Energiekrise. Marion Hauschke (Technische Leiterin Stadtwerke Erkrath) und Stadtwerke Geschäftsführer Gregor Jeken. Foto: Ria Garcia

Gemeint ist das, was wir alle tun können, um über den Winter zu kommen und mit weniger Verbrauch den steigenden Preisen etwas entgegenzusetzen.

Wir sprachen in der letzten Woche mit Stadtwerkegeschäftsführer Gregor Jeken und der technischen Leiterin Marion Hauschke über die derzeitigen Herausforderungen der Energiekrise. “Was können wir tun?” Diese Frage stellt sich nicht nur bei den Stadtwerken, sie stellt sich vor allem auch bei den Kunden, die sich Sorgen um die steigenden Rechnungen machen. Gregor Jeken ist seit 1993 im Energiesektor tätig, seit 1999 in Erkrath. Geschäftsführer der Stadtwerke wurde er 2009. “Ich habe das noch nie so extrem erlebt”, beschreibt er die aktuelle Entwicklung am Energiemarkt und seine Kollegin Marion Hauschke pflichtet ihm bei. “Diese Situation ist außergewöhnlich. Es vergeht ja kein Tag, an dem nichts passiert”, verwies er auf die Lecks in Nordstream Pipelines, die in der letzten Woche die Medien beherrschten. Die Folgen der Energiekrise werden die Pandemie übersteigen, ist sich Jeken, wie auch viele Kollegen in der Branche, sicher.

Negatives Ergebnis 2021

Die Stadtwerke sind extrem betroffen, wie Jeken schilderte. 2021 habe man das erste negative Geschäftsergebnis eingefahren und die Energiepreisentwicklung habe die Stadtwerke in den letzten Monaten “kalt erwischt”, wie Gregor Jeken es ausdrückt. “So schnell konnten wir die steigenden Einkaufspreise ja gar nicht weitergeben.” Mit weiteren Investitionen in die Telekommunikation und dem Umbau der Fernwärme habe man noch viele Maßnahmen ‘vor der Brust’. “Wir wollen klimaneutral werden und weg von fossiler Energie kommen.” Im letzten Jahr seien noch alle überzeugt gewesen, dass Gas von den fossilen Energien die ‘sauberste’ Energieform ist und als Brückentechnologie dienen könne. Der Krieg in der Ukraine habe alles verändert. Bis dahin sei 55 Prozent des Gases aus Russland gekommen. “Das hat uns alle aus der Bahn geworfen”, resümiert Jeken. “Das jetzt noch einmal etwas über die Nordstream Pipeline kommt, ist in weite Ferne gerückt”, kommentiert er die aktuellen Ereignisse. “Wir allein als Stadtwerke können nicht so viel tun”, dämpft er Hoffnungen, dass über günstige Einkaufspreise noch irgendetwas zu ändern sei. “Die Einkaufspreise werden nur sinken, wenn die Nachfrage sinkt. Energiesparen ist also für uns alle die einzige Waffe gegen hohe Preise.”

Warum ist Strom so teuer geworden? Der Strompreis an der Börse richtet sich, zumindest aktuell noch, nach der teuersten Produktionsart. Die ist Strom aus Gaskraftwerken. Mit den erst verknappten und inzwischen ganz ausgefallenen Gaslieferungen aus Russland ist der Gaspreis extrem gestiegen, was sich auch auf den Strompreis auswirkt. Zwischen Anfang Juli und Anfang September 2022 hat sich der Preis für ‘kurzfristigen Strom’ an der Strombörse mehr als verdoppelt. Die Entwicklungen wirken sich zeitverzögert immer auch auf die Haushalte aus. Quelle und mehr Informationen: Forbes.com

Marion Hauschke und Gregor Jeken informierten über die Herausforderungen
der Energiekrise. Foto: RG

Wird das Gas über den Winter reichen?

Die Gasspeicher in Deutschland sind zu mehr als 90 Prozent (Stand Ende September) gefüllt. “Das bringt uns über den Winter und reicht bis Februar oder März”, schätzt Gregor Jeken. Dazu, dass das so ist, können wir alle beitragen. Wer die Raumtemperatur um zwei bis drei Grad senkt, spart bereits 15 Prozent Energie ein. “Wenn jeder mitmacht, sind das enorme Mengen”, beschreibt Jeken den Effekt des gemeinsamen Energiesparens. Jedes Grad bringe etwa fünf bis sechs Prozent Ersparnis.

“Wir denken, dass keine Mangellage kommen wird”, sagt Marion Hauschke. Vorbereitet wäre man bei den Stadtwerken natürlich dennoch. Längst wurden die Daten erhoben, wer bei einer solchen Mangellage als schützenswert gilt und wer nicht. “Wir sind dazu mit Stadt, Kreis und Verbänden in Kontakt”, erklärt sie. Alle Gewerbekunden, die bei einer solchen Mangellage ‘abgeschaltet’ werden müssten, seien bereits vorab darüber informiert. Auch auf das Worst-Case-Szenario seien die Mitarbeiter vorbereitet. Wichtig sei, das im Gasleitungsnetz der Druck nicht abfalle, denn sonst entwickle sich ein Gas-Luft-Gemisch, das ein Wiederhochfahren der Anlagen nicht möglich mache. “Es würde mehrere Tage dauern, da die Leitungen erst entlüftet werden müssten”, erklärt Hauschke. Da in diesem Fall nicht nur Erkrath betroffen wäre, sei die Gefahr groß, nicht schnell genug Handwerker zu finden. “Wir sind vorbereitet. Das würde uns nicht treffen, wie das Hochwasser im letzten Jahr.” Sollte sich eine Mangellage abzeichnen, würden die Leitungen früh genug durch Sperren vor einem Druckabfall gesichert.

Und was ist mit dem Strom?

“Ich kenne mindestens vier oder fünf Menschen in meinem Umfeld, die sich einen elektrischen Heizlüfter gekauft haben. Davor habe ich wirklich Respekt”, erklärt Gregor Jeken. Würden all diese Heizlüfter eingeschaltet, so Jeken, wären die Folgen kaum abzusehen. Das Stromnetz könnte zusammenbrechen. Ein Notstromaggregat sichert dann für 72 Stunden die Wasserversorgung. Mit Blick auf die steigenden Strompreise ist die Nutzung eines Heizlüfters natürlich auch keine gute Idee.

Die Strompreise machen auch den Stadtwerken Sorgen. Das die Stadtwerke als Anbieter die Preissteigerungen weitergeben müssen, wissen inzwischen auch die Kunden. “Wer soll das noch bezahlen?”, kommentiert er die Preissteigerungen. Ob die Kunden ihre Rechnungen am Ende zahlen können, ist zumindest in Teilen ungewiss. “Wir haben uns personell im Forderungsmanagement verstärkt, um auch Ratenzahlungsvereinbarungen treffen zu können”, sagt Gregor Jeken. In der Vergangenheit sei oft ‘gesperrt worden’, wenn jemand seine Rechnung nicht gezahlt hatte. “Wenn Land und Bund jetzt ein Moratorium beschließen, damit keine Sperrungen erfolgen, dann können wir das als Stadtwerke auch nicht so einfach wegstecken”, erklärt Jeken, dass auch den Stadtwerken die finanziellen Polster für einen solchen Fall fehlen.

Nah beim Kunden – auch mit Energiespartipps

Mit dem Kundencenter am Hochdahler Markt sind die Stadtwerke ‘näher zum Kunden’ gezogen, was gerade jetzt für viele Menschen den Vorteil hat, dass sie auch einfach ‘mal vorbei kommen können’ und ihre Fragen stellen können. “Bei uns sitzen noch echte Menschen”, lädt Gregor Jeken ein, diese Möglichkeit auch zu nutzen. Im Kundencenter gibt es auch den Flyer mit Energiespartipps, mit denen wir alle gemeinsam am Ende Einfluss auf die Preisentwicklung am Energiemarkt nehmen können. Wer es nicht schafft, sich einen Flyer abzuholen, findet die Tipps auch online auf der Homepage der Stadtwerke.

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