Differenzierte Hebesätze für die Grundsteuer kommen

von Ria Garcia

Foto: LW

Damit die Grundsteuer im kommenden Jahr für Kommunen ‚aufkommensneutral‘ bleibt, müssen die Hebesätze angepasst werden. Der Erkrather Rat hat in dieser Woche in der Stadthalle differenzierte Hebesätze für Wohnen und Gewerbe beschlossen.

Die Ratsmitglieder hatten am Dienstag darüber zu entscheiden, ob Erkrath im Zuge der Grundsteuerreform im kommenden Jahr einheitliche oder differenzierte Hebesätze erhebt. Einheitlich hätte bedeutet, dass für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft 473 v.H. und für Gewerbegrundstücke oder Wohngrundgrundstücke 903 v.H. erhoben würden. Bei der Differenzierung sind für Wohngrundstücke 808 v.H. und für Gewerbe 1.340 v.H. zur Erhebung vorgesehen. Im Haupt- und Finanzausschuss hatte sich bereits eine Mehrheit für die Differenzierung ausgesprochen. Ein Antrag der FDP, der eine andere Lösung vorsah, hatte die Ratsmitglieder relativ kurzfristig am gleichen Tag erreicht und wurde auch den Pressevertretern in der Sitzung übergeben.

Der FDP-Antrag:
Rücknahme der Grundsteuererhöhung 2023 im Zuge der Grundsteuerreform
Beschlussentwurf: Der Rat beschließt grundsätzlich die Hebesatzänderungssatzung gem. Anlage 1 zur Vorlage 203/2024 mit einem Hebesatz für die Grundsteuer A für die Betriebliche Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 473 v.H. und einheitlichen Hebesätzen für Grundsteuer B für Nichtwohngrundstücke und Wohngrundstücke (von der Vorlage abweichend) in Höhe von jeweils 720 v.H..
Begründung: Die Erhöhung der Grundsteuer B im Jahr 2023 wäre bei ausreichenden politischen Bemühungen zur Reduzierung der Aufwendungen der Stadt in den letzten Jahren nicht erforderlich gewesen. Die Grundsteuerreform sollte zum Anlass genommen werden, die Grundsteuererhöhung zumindest rechnersich bei der Anpassung der Hebesätze zurückzunehmen und muss zur weiteren Haushaltskonsolidierung mit entsprechenden Änderungen am Haushaltsplan für das kommende Jahr im Rahmen des Doppelhaushalts einhergehen. Die Beibehaltung eines einheitlichen Hebesatzes der Grundsteuer B auf dem Niveau von 720 Hebesatzpunkten verhindert ein Ausspielen von Wohnraum und Gewerbe gegeneinander und entlastet alle Erkrather Bürger und Unternehmen.

Anm. d. Red.: Die differenzierten Hebesätze wurden vom Land NRW als Möglichkeit beschlossen, weil festgestellt wurde, dass in der Grundsteuerreform bei einem einheitlichen Hebesatz Wohngebäude deutlich stärker belastet wären und Gewerbeimmobilien eher entlastet würden. Das Argument „Ausspielen von Wohnraum und Gewerbe gegeneinander“ ist hier also nicht ganz schlüssig.

Die Diskussion vor dem Beschluss

„Wir haben die Beispielrechnung der Verwaltung erst heute Morgen erhalten und hatten keine Zeit diese in der Fraktion zu besprechen“, meldete sich Peter Knitsch zu Wort. Die Rücknahme der Grundsteuererhöhung von 2023 würde er begrüßen. Außer CDU und SPD sei niemand dafür gewesen. „Dabei hat die CDU vor der Wahl angekündigt keine Steuern zu erhöhen, eher zu senken“, erinnerte er. Dem FDP Antrag könne man dennoch so nicht zustimmen, da er vor allem Gewerbe entlaste. „Für Gewerbe halbiert sich die Grundsteuer, für Wohnen sinkt sie nur um 10 Prozent“, überschlug er die Auswirkungen. Eine Vertagung der Entscheidung mit dem Auftrag an die Verwaltung, die Rücknahme der Erhöhung 2023 und eine Differenzierung für Wohn- und Gewerbeimmobilien auszuarbeiten, sei ein guter Kompromiss.

„Zum 31. Dezember 2024 treten die bisherigen Hebesätze außer Kraft“, erklärte Kämmerer Thorsten Schmitz, dass ohne einen Beschluss noch in diesem Jahr keine Grundsteuer erhoben werden könne. „Wir haben die Grundsteuer im letzten Jahr doch nicht aus Spaß und Dollerei erhöht. Wir wären sonst in der Haushaltssicherung gelandet“, führte der Kämmerer weiter aus. Die Erhöhung habe 2,6 Mio. Euro ausgemacht. Wenn diese fehlen würden, läge der Eigenkapitalverzehr über 5 Prozent, was unwillkürlich in die Haushaltssicherung geführt hätte.

„Die fehlen, weil Sie nichts mehr tun. Wir haben ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept beschlossen und Sie lassen die Bürger zahlen“, hielt Ralf Lenger (FDP) ihm daraufhin vor. Im Antrag habe die FDP absichtlich keine Differenzierung vorgesehen. Es sei nicht einzusehen, dass kleinere Gewerbe noch bestraft würden. Lenger forderte endlich das Haushaltssicherungskonzept umzusetzen und mahnte, weil es absehbar sei, wann die Steuerausfälle in Monheim Auswirkungen auf Erkrath hätten.

Bernhard Osterwind (BmU) erinnerte daran, dass die BmU schon seit vielen Jahren angeregt habe das freiwillige Haushaltssicherungskonzept umzusetzen. „Es geht inzwischen nicht mehr um Optimierung. Es geht darum die pflichtige Haushaltssicherung zu vermeiden“, machte er die Dringlichkeit deutlich. Es gehe dann immer zu Lasten kommender Generationen. So gelänge Klimaschutz nicht und auch ein sozialverträglicher Haushalt sei nicht möglich. Man sei dem Wellenschlag der Konjunktur ausgesetzt. „Wir sitzen in einem kleinen Boot auf offener See mit hohem Wellengang“, malte er ein Bild der Situation. Er kritisierte, dass die FDP den Antrag erst am Nachmittag um 16 Uhr gesendet habe. „Wir stimmen dem Antrag nicht zu, sind aber bereit noch einmal einzusteigen. Die Differenzierung halten wir aber für notwendig.“

Detlef Ehlert (SPD) führte aus, dass die Infrastruktur aufrecht erhalten werden müsse. Das beträfe das gesellschaftliche Miteinander. Kitas, Musikschule, Begegnungsstätten oder OGS, die größeren Raumbedarf habe. „Das muss von den Bürgerinnen und Bürgern bezahlt werden“, erklärte er die Notwendigkeit, um diesen Standard zu erhalten. „Die Vorstellung der FDP führt in die Zwangshaushaltssicherung.“ Auch die Großprojekte seien notwendig. „Wir halten daran fest Wohnen nicht zusätzlich zu belasten und Gewerbe zu entlasten. Deshalb stimmen wir der Differenzierung zu.“

Wolfgang Jöbges (CDU) erklärte, dass seine Fraktion ebenfalls der Verwaltungsvorlage zu differenzierten Hebesätzen zustimmen werde. Er erklärte, dass auch die fehlende Entschuldung, die von Land und Bund für die Kommunen kommen sollte, zu den fehlenden Finanzen beitrage. Auch Bürgermeister Christoph Schultz erinnerte daran, das Investitionen für den Substanzerhalt notwendig seien und die Kommunen strukturell unterfinanziert seien. Daran habe weder diese noch die vorherige Landesregierung etwas geändert. „Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als die Grundsteuerreform so umzusetzen, um unsere Liquidität zu sichern.“ Dennis Saueressig (AfD) erklärte: „Wir wissen es geht bergab.“ Die Grundsteuerreform erklärte er für typisch deutsch und bürokratisch. Es gäbe inzwischen 1,3 Mio. Einsprüche bei den Finanzämtern mit einer hohen Möglichkeit Recht zu erhalten. Uli Schimschock (fraktionslos) erklärte, dass er dem Verwaltungsvorschlag zustimmen werden. Man müsse auch die ökologische Komponente sehen. Mehrfamilienhäuser würden dabei weniger belasten, als Einfamilienhäuser. Die Stadt dürfe auch keinesfalls in die Haushaltssicherung rutschen, denn dann ginge es an die 15 Prozent freiwilligen Leistungen. „Wenn Zuschüsse an Vereine und Institutionen wegfallen würden, wäre das eine Katastrophe.“

Abstimmungen

Der von den Grünen gestellte Antrag auf Vertagung wurde mit den Stimmen von CDU, SPD und Bürgermeister abgeleht.

Für den Antrag der der FPD stimmten am Ende nur die FDP und die AfD.

Dem Verwaltungsvorschlag differenzierte Hebesätze zu beschließen folgten CDU, SPD, der Bürgermeister und Uli Schimschock. Dagegen stimmten Grüne, BmU, AfD und FDP. Enthaltungen gab es bei der Abstimmung von den Linken.

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