Container-Unterkunft Freiheitstraße

Symbolbild Wohncontainer - Foto: Manfred Antranias Zimmer / Pixabay

Viel wurde diskutiert. Ein Konzept zur Unterbringung soll kommen, aber erst einmal kommen Wohncontainer an die Freiheitstraße.

Diese Nachricht erreichte die Ratsmitglieder in der letzten Ratssitzung am Dienstag. Was zu Alt-Weiberfastnacht über uns hereinbrechen würde, hat an diesem Abend noch niemand geahnt. Die Stadt kauft gebrauchte Container, die ihren Standort erst einmal an der Freiheitstraße finden sollen. Im ersten Halbjahr 2022 soll ein Unterbringungskonzept erstellt werden, aber die Zeit rennt, weil Plätze zur Unterbringung in Erkrath gerade Mangelware sind. Wie sehr die Zeit rennt, wissen wir eigentlich erst seit gestern.

Im Sommer spülte die Flut 200 Plätze für geflüchtete Menschen in der ehemaligen Hauptschule in der Freiheitstraße in Alt-Erkrath weg. Über 100 davon waren zu dieser Zeit belegt. Die Menschen wurden evakuiert, ein Teil konnte in anderen Unterkünften oder auch privat unter kommen und rund 60 von ihnen fanden im Rahmen einer ‘kommunalen Nachbarschaftshilfe’ vorübergehend in einer Unterkunft in Langenfeld Unterschlupf. Eine Lösung auf Zeit. Seit dem wird in der Politik über Standorte für eine neue Unterkunft diskutiert. Schon die alte Schule galt nicht als adäquate Unterbringung, dennoch hat sie diesen Zweck über Jahre erfüllt.

Die im Bau befindliche Unterkunft an der Gruitener Straße wird vorrangig für die Menschen zur Verfügung stehen, die derzeit in Langenfeld untergebracht sind. Eine spiegelgleich gebaute zweite Unterkunft auf dem Bolzplatz Gruitener Straße wird von Anwohnern, Elternsprechern der Grundschule und großen Teilen der Politik abgelehnt. Der dadurch wegfallende Platz, der den dort untergebrachten Menschen bisher Raum bietet ihre Freizeit auch auf dem Bolzplatz zu verbringen, würde viele Einschränkungen mit sich bringen. Für die Grundschule würden Außensportmöglichkeiten wegfallen. Darüber hinaus wurde befürchtet, dass es schulisch zu einer erhöhten Belastung käme, wenn viel mehr Kinder mit sprachlichem Förderbedarf an der Grundschule beschult werden müssten.

Diskutiert wurde unter anderem auch eine Unterkunft auf der Bürgerwiese in Hochdahl zu bauen oder etwa die Unterkunft Thekhaus zu ertüchtigen, um zusätzliche Plätze zu schaffen.

Klar ist, das Unterkünfte fehlen

Was zumindest im Sommer nach der Flut nicht ganz klar war: Wie viele Unterkunftsplätze fehlen und bis wann sie zur Verfügung stehen müssen. Zuweisungen seitens der Bezirksregierung wurden vorerst ausgesetzt. Aber sie werden wieder kommen. Befürchtet wurde, dass der Truppenabzug in Afghanistan zusätzliche Flüchtlingsströme auslöst. Spätestens seit gestern früh wissen wir alle, dass wir möglicher Weise bald Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen müssen, denn die Lage ist eskaliert und das was sich wenige vorstellen konnten ist geschehen: Krieg in der Ukraine, deren nächste Grenze zu Deutschland gerade einmal 700 Kilometer entfernt ist. Auch bei uns leben Menschen mit Wurzeln in der Ukraine, die gerade um Freunde und Familie fürchten.

All das war in der Ratssitzung am Dienstag noch nicht bekannt. Die Verwaltung teilte mit, dass für 1,4 Mio. Euro gebrauchte Wohncontainer gekauft wurden. Zuvor hatte man diese besichtigt und sich von dem guten Zustand der sieben Jahre alten Anlage überzeugt, hießt es von der Verwaltung. Die Neuanschaffung wäre doppelt so teuer gekommen. Auch die Aufteilung passe gut, es wären lediglich kleinere Anpassungen, das Versetzen von Trennwänden notwendig. 1.000 Quadratmeter Brutto-Wohnfläche bieten die Container, die verwaltungsseitig für einen Einsatz von fünf Jahren geplant werden. “Wir haben auch alternativ geprüft, Container für fünf Jahre zu mieten. Das wäre am Ende 150.000 Euro teurer gewesen”, erklärt Dezernent Michael Pfleging. Die Mehrkosten ergäben sich, weil der Anbieter Abbruch und Rückbau in den Mietpreis einrechnen würde. Aktuell erfolgen Abbruch und Schadstoffprüfung an der Freiheitstraße. Bevor die Container ihren Platz einnehmen können, muss der Baugrund vorbereitet werden und die Erschließung muss erfolgen.

Kritik aus der Politik

Peter Knitsch fand das Verhalten der Verwaltung empörend. Er war der Meinung, dass im Rat ein Beschluss gefasst worden sei, der die Entscheidung über Miete oder Kauf wiederum dem Rat hätte überlassen müssen. Fünf Jahre seien darüber hinaus aus seiner Sicht ‘keine Übergangslösung’. Er zog den Vergleich, dass die Unterkunft Gruitener Straße vier Millionen kosten würde. “Die hält 20 bis 25 Jahre, wenn nicht noch viel länger.” Ralf Lenger stimmte Peter Knitsch zu und verstand diese Entscheidung nicht, da aus seiner Sicht kein Zeitdruck herrsche.

Bürgermeister Christoph Schultz verlas daraufhin den seinerzeit gefassten Beschluss, der eine weitere Einbeziehung des Rats wörtlich nicht vorsah. Zudem seien aufgrund der Hochwasserhilfe finanzielle Hilfen zu erwarten, die die Kosten reduzieren würden. Außerdem seien die Container nach fünf Jahren nicht ‘kaputt’ und könnten weiter genutzt oder veräußert werden. “Was geopolitisch in Europa geschieht, lässt erwarten, dass die Flüchtlingssituation sich verschärft”, mahnte Schultz und am Dienstagabend und er sollte Recht behalten.

Container sind nicht das, was sich die Menschen in Erkrath wünschen

In den letzten Monaten wurde ziemlich deutlich, dass sich viele, den Freundeskreis für Flüchtlinge eingeschlossen, keine Unterbringung in Containern wünschen. Die Unterbringungsart bezeichnen Vertreter verschiedener Fraktionen als menschenunwürdig. Aber Bauvorhaben benötigen ihre Zeit, wie die Verwaltung mehrfach erklärte. Aktuell sogar deutlich mehr Zeit, weil es oft an der Lieferbarkeit von Baumaterialien mangelt. Selbst die Aufstellung von Containern an der Freiheitstraße passiert nicht morgen, zieht sich vielleicht über den Sommer. Aber Zeit, so scheint es seit gestern, haben wir nicht mehr.

Kommentar: Die Zeit hat uns eingeholt. Es ist Krieg und die nächste Grenze zu diesem Krieg ist gerade einmal 700 Kilometer von uns entfernt. Aktuell wissen wir nicht, ob dieser Krieg weitere Grenzen überschreitet und für uns selbst zunehmend zu einer Gefahr wird. In Russland gehen Menschen auf die Straßen, um gegen den von Putin angezettelten Krieg zu protestieren. Viele von ihnen werden verhaftet. Wie das alles – auch für uns – ausgeht, wissen wir noch nicht. Aber möglicher Weise werden wir erst einmal sehr schnell Menschen aufnehmen müssen, die fliehen, um ihr Leben zu retten. Einmal mehr fehlt die Zeit adäquate Lösungen zu finden und vielleicht wird erneut das Bürgerhaus als vorübergehende Unterkunft bereitstehen müssen. Hoffen wir, dass es anders kommt. Hoffen wir, dass die vielen Russinnen und Russen, die aktuell gegen diesen Krieg auf die Straßen gehen, sich nicht von Putins Polizei oder Militär abschrecken lassen. Hoffen wir, dass der Wille zum Frieden bei uns, in Russland und auch in der Ukraine so stark ist, dass er als Graswurzelbewegung aus den Völkern Machthaber stoppen kann.

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