Brückenneubau A3 ‚In den Birken‘ unnötig?

von Ria Garcia

Herbert Bander vor der Unterführung der A3 / Brücke In den Birken, die aus seiner Sicht hätte verfüllt werden können. Foto: Ria Garcia

Herbert Bander glaubt, die Autobahnbrücke ‚In den Birken‘ sei verzichtbar und die Baukosten von 18 Mio Euro seien an dieser Stelle Verschwendung von Steuergeldern.

Die Arbeiten für den Abriss und Neubau der Autobahnbrücke ‚In der Birken‘ haben Anfang Februar begonnen. Unterhalb der Brücke verbindet eine Unterführung die Straßen ‚An der Brandshütten‘ und ‚Birken‘. Der historische Grund für den damaligen Brückenbau mit Unterführung sei schon in den 60ern bei Bau des Autobahnkreuzes weggefallen, erklärt Herbert Bander im Gespräch. Eine Meinung, die auch von direkten Anwohnern geteilt wird. Mit Herbert Bander trafen wir vor Ort Dieter Hoch und seine Frau, die in direkter Nähe zur Brücke wohnen. Während die Straße Birken, über die das Brückenbauwerk ‚In den Birken‘ führt, täglich nur von vergleichsweise wenigen Menschen genutzt wird, fahren ‚über ihren Köpfen‘ in der gleichen Zeit je Fahrtrichtung zwischen 60.000 bis in Spitzenzeiten 75.000 Fahrzeuge über die A3.

Als die Reichsautobahn (heute A3) von Köln nach Düsseldorf 1937 gebaut wurde existierte an deren Rand auf Hildener Gebiet noch die Siedlung Birken mit mehr als 100 Einwohnern, für die die Unterführung als Verbindung in den Westen geplant wurde. In den 1950ern wurde die B 326 (Wupperschnellweg – später A46) als Umgehung für Hilden und Haan geplant und am 23.6.1956 für den Verkehr freigegeben. Was fehlte, war eine sinnvolle Kreuzung und Verbindung zur A3, die in der Planung in Form des Kleeblatts zum Abbruch der Siedlung Birken führte, um in den 60ern das Autobahnkreuz zu bauen. Heute wird die Unterführung An der Brandshütte zur Straße Birken nur wenig von Autos genutzt. Für Radfahrer ist es eine gern genutzte Strecke Richtung Unterbacher See. „Fußgänger sind oft Spaziergänger auf der Hunderunde. Nachts gerne auch mal Jugendliche, die dort Böller zünden oder deren Hinterlassenschaften, leere Glasflaschen, man am nächsten Tag findet“, weiß Anwohner Hoch.

Anhand alter Luftbilder zeigt Heimatforscher Herbert Bander, seit seiner Geburt 1939 in Hochdahl lebt und die Historie kennt, warum die Brücke ursprünglich notwendig war und warum sie heute aus seiner Sicht verzichtbar ist. „Autoverkehr gibt es hier so gut wie gar nicht und für Fußgänger und Radfahrer gibt es alternative Wege, die keinen Umweg bedeuten“, sagt er uns im Gespräch. Beispielsweise von Osten, also aus Richtung Haan oder Kemperdick könne man die Route über die Max-Planck-Straße unter der Autobahnbrücke nehmen und dann nach dem Klärwerk die Wegführung links vom Eselsbach Richtung Rothenbergstraße zum Unterbacher See nutzen. Die Baukosten von 18 Mio. Euro könnte man aus seiner Sicht sinnvoller investieren. Wenn man die Unterführung verfüllt könnte man sich die Brücke sparen, denkt er. Das hätte aus seiner Sicht schon in den 60ern beim Bau des Autobahnkreuzes geschehen können. „Es wäre schön, aber Hoffnung, dass man die aktuelle Baumaßnahme noch stoppen kann, mache ich mir nicht“, so Bander. Dennoch hat Bander keine Mühe gescheut und die Autobahn GmbH des Bundes Niederlassung Rheinland, den Bundesrechnungshof und den Bund der Steuerzahler angeschrieben (die Schreiben liegen unserer Redaktion in Kopie vor).

Luftbilder von tim-online.nrw.de, auf denen die ehemalige Siedlung Birken und das spätere Autobahnkreuz zu sehen sind:

Begründung der Autobahn GmbH

Die Autobahn GmbH hat die Baumaßnahme mit der Nachrechnung des Brückenbauwerks ‚In den Birken‘ aufgrund der Einführung der Nachrechnungsrichtlinie aus 2016 gerechtfertigt. Anhand dieser Richtlinie wird die Tragfähigkeit bestehender Brücken bewertet, die nicht nach der heute gültigen Norm geplant und gebaut wurden. Dabei hätten sich Defizite in der Tragfähigkeit herausgestellt, die zur Einstufung einer Restnutzungsdauer von zehn Jahren geführt hätten. Diese laufe 2026 aus, was dazu führte, dass die Autobahn GmbH so schnell handeln musste. Auch warum keine alternative Planung mit Verfüllung der Unterführung in Frage kam, ist begründet: „Im Planfeststellungsverfahren für den sechsstreifigen Ausbau der A3 wurde das bereits erwähnte Bauwerk an dieser Stelle der Bundesautobahn berücksichtigt. Der zugehörige Planfeststellungsbeschluss ist am 16. Februar 1981 ergangen und stellt die rechtliche Grundlage für den Ersatzneubau dar.“ Die Autobahn GmbH, heißt es weiter, würde diesem Planfeststellungsbeschluss des Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes NRW widersprechen, wenn das Brückenbauwerk verfüllt werden würde. Zwar hätte man auch andere Vorgehensweisen beleuchtet, für die hätte es jedoch die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses mit einem entsprechenden Rechtsverfahren bedurft und das wäre im Rahmen der Restnutzungsdauer der Brücke nicht rechtzeitig umsetzbar gewesen. Die hohen Kosten des Ersatzneubaus ergeben sich unter anderem mit der aufwendigen Verkehrsführung im Bereich der A3. Der Ersatzbau wird in insgesamt vier Hauptbauphasen und weiteren acht vor- und nachbereitenden Bauphasen umgesetzt.

Zweieinhalb Jahre Bauzeit und ihre Auswirkungen

Auf der Homepage der Autobahn GmbH ist das Projekt des Brückenneubaus mit der geschätzten Bauzeit ausführlich beschrieben. Abbruch und Neubau sollen unter Aufrechterhaltung des Verkehrs auf der A3 mit Tempo 80 km/h im Bereich der Baustelle erfolgen. Als wir am vergangenen Montag vor Ort waren, war die Unterführung noch passierbar. In der Projektbeschreibung heißt es jedoch: „Die Gemeindestraße „Birken“ ist im Unterführungsbereich für die Bauzeit voll gesperrt. Hierzu wird eine Umleitungsstrecke über die im Norden parallel verlaufende Max-Planck-Straße eingerichtet.“

Für Anwohner, wie das Ehepaar Hoch, bedeuten die Baumaßnahmen eine zweieinhalb Jahre andauernde Belastung, denn auch die bestehende Lärmschutzwand muss zeitweise demontiert werden. Belastungen sind vor allem durch höhere Lärmbelastung, spürbare Erschütterungen im Haus oder durch abgasbelastete Luft bei vermehrten Staus. Mit ein wenig Galgenhumor sagt Marion Hoch uns, dass es daran auch etwas Gutes gibt: „Ich höre die Staus, denn dann ist Ruhe.“

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