Abschied von Gerd Verhoeven, Pfarrer a.D.

von Susann Krüll

Nachruf | In der Nacht vom 4. auf den 5. März verstarbt der langjährige Pfarrer der Katholischen Kirchengemeinde St. Franziskus. Gerd Verhoeven wirkte vierzig Jahre lang als Seelsorger in Hochdahl. Dorthin zog es ihn nach seiner Pensionierung als „einfaches“ Gemeindemitglied zurück.

Mit dem „Schwung des Konzils“ und dem Aufbau der „Neue Stadt Hochdahl“

Als Gerd Verhoeven in Hochdahl seine Pfarrstelle antrat, befand sich Erkraths größter Stadtteil noch voll im Aufbau. Im ‘Akkord’ entstanden neue Mehr- und Einfamilienhäuser. Und es zogen junge Familien in den Stadtteil, die das Gemeindeleben mitprägten. Gerd Verhoeven und Bernd Staßen, der 1970 als Kaplan in die Gemeinde gekommen war und Diakon Willi Brähler waren alle von der Aufbruchstimmung des ‘2. Konzils’ geprägt, ähnlich der Stimmung, die jetzt der so genannte ‘Synodale Weg’ in die Gemeinden trägt. Nicht immer sah man im Erzbistum Köln gern, wie in Hochdahl agiert wurde. Beispielhaft sei hier genannt, dass erst die Gemeinde die Hostie bei der Abendmahlzubereitung bekam und dann Pfarrer, bzw. Kaplan und Diakon, auch erklang kein Glockengeläut bei der Gabenbereitung. Viele Weggefährten trugen die fortschrittliche Herangehensweise mit, verschwiegen werden darf aber auch nicht, dass diejenigen, die ein traditionelleres Verständnis des Katholischen Glaubens hatten, sich nicht mit der fortschrittlichen, oft auch kritischen Auseinandersetzung, mit Glaubensdogmen identifizieren konnten.

Hospiz-Mitbegründer und Vorreiter der Ökumene in Hochdahl

Als maßgeblichen Initiator des Franziskus Hospiz in Hochdahl erinnert sich Silke Kirchmann, Leiterin des Franziskus Hospiz, mit großer Wertschätzung und Achtung vor seiner Beharrlichkeit, denn es galt das Projekt zu Beginn gegen den Widerstand der Nachbarschaft, die nicht glücklich über die Wahl des Standorts war, durchzusetzen. „Herr Verhoeven war Gründungs- und Ideenvater des Hospizes in Hochdahl. Er war stets wach und zugewandt, wenn es um das Leid anderer Menschen ging. Er war ein echter Visionär und setzte sich für sterbende Menschen und ihren Bedürfnissen ein. Bis heute ist unser Haus ein Leuchtturm und Beispiel für viele andere Hospize in Deutschland – Dank Herrn Verhoeven.“ Viele werden den mit 85 Jahren heim gerufenen Verhoeven zum letzten Mal bei dem „Klezmer-Konzert“ in der Heilig Geist Kirche gesehen haben. Trotz seiner fortgeschrittenen Krankheit genoss er dieses weitere Benefiz-Konzert der Reihe, die er vor 15 Jahren mitbegründete.

Den ökumenischen Gedanken mit Leben zu füllen, war ein weiteres Anliegen des ausgewiesenen Vermittlers. Volker Horlitz, Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Hochdahl, erinnert sich an seinen Seelsorger-Kollegen mit großer Wertschätzung: „An Gerd hat mich besonders seine Treue zu den Menschen fasziniert, die er über einen langen Weg begleitet hat, ohne Ansehen der Person, ohne Ansehen des sozialen Standes. Man konnte sich immer absolut auf ihn verlassen. Eine ähnliche Treue hat er auch der Ökumene gehalten“, so Horlitz, der auch darauf hinwies, dass es kaum eine Veranstaltung des Ökumenischen Bildungswerks gab, die Verhoeven nicht besuchte. Auch bei der gemeinsamen Andacht am Donnerstagvormittag im ‘Raum der Stille’ im Haus der Kirchen am Hochdahler Markt, dessen Entstehen er mitinitiierte, war er ein regelmäßiger Besucher.  

Ausgewiesener „Anti Klerikaler“

 „Gerd Verhoeven hat die Gemeindemitglieder stets als mündige Christen gesehen und wollte sie zur Mitarbeit in der Gemeinde gewinnen. Bernd Staßen, Kaplan Schellenberger, Diakon Willi Brähler und er haben den Dienst als Priester als Teamarbeit verstanden,“ sagt Christoph Biskupek, der seinen Vorgänger als Pfarrer in der Hochdahler Gemeinde erst kennen- und schätzen gelernt hat, als dieser als pensionierter Priester nach seiner letzten Station in Köln-Wahnheide 2007 nach Hochdahl zurückkehrte. Er schätzte ihn als aktives Gemeindemitglied, das regen Anteil am Gemeindeleben nahm. „Sein Lebenselixier war es, Menschen anzusprechen und zu motivieren“, so Biskupek weiter. Seine Haltung zum Erzbistum in Köln war, um es wertfrei zu sagen, nicht frei von Spannung. So habe er zu seinem 60 Priesterjubiläum keine offizielle Würdigung in der Kirchenzeitung haben wollen, so Biskupek. Auch im Tod geht er seinen eigenen Weg, verriet uns Verhoevens Nachfolger: „Üblich ist es, dass auf dem Sarg der Kelch des Priester liegt, wenn dieser bei der Aussegnung in der Kirche aufgebahrt ist. Gerd Verhoeven hat bestimmt, dass es diese drei Dinge sein werden: Ein Stück Kohlebrikett, das seine Verbundenheit mit seiner Herkunft symbolisiert, er stammt aus Bergheim und sein Vater war im Bergbau tätig. Ein Ziegel-Bruchstück, das aus dem KZ Auschwitz stammt. Dieses steht für seine Solidarität mit den Geschundenen und Verfolgten. Und das Kreuz, das im Schlafzimmer in seiner Wohnung im Rosenhof Hochdahl hing.

Monika Spanier ist Verfasserin des Nachrufs, der auf der Website der Kath. Kirchengemeinde Hochdahl zu finden ist:
„Er war kein Kleriker mit Kalkleiste und Talar. Er war Seelsorger mit Leib und Seele und vom Geist des Konzils angesteckt. Aufbruch aus verkrusteten Strukturen, die Menschen in die Gemeindearbeit einbinden, ihnen etwas zutrauen. So lautete das Ziel nach dem Studium. Er war niemals Amtsträger am Ambo, sondern immer gemeinsam mit dem „wandernden Volk Gottes“ unterwegs. In der Neubaugemeinde Hochdahl fand der Theologe den idealen Nährboden. Hier zogen seit Ende der 60er Jahre Menschen aus allen Teilen des Landes zu und suchten als Katholiken eine geistige Heimat.
Die Beteiligung und Befähigung der Laien an der Sakramentenvorbereitung war in den 70er Jahren neu und wurde für viele Menschen Bereicherung für ihren Glauben. Hochdahl war anders als man es damals von herkömmlichen Pfarreien kannte.
Legendär sind Silverstergottesdienste oder die gemeinsam mit Gemeindemitgliedern vorbereitete Gestaltung der Kar- und Ostertage, die es heute noch gibt und die damals ihren Anfang nahm. Ob Capella Nova, Sandheider Meisterkonzert oder jüngst das Benefiz-Klezmer-Konzert für das Hospiz – die Böhm-Kirche in Sandheide war für Verhoeven Gottesdienst – und Lebensraum im Alltag.
Verhoeven war leidenschaftlich. Hartnäckig und beharrlich kämpfte er für die Errichtung des Franziskus-Hospizes gegen alle Widerstände aus der Zivilgesellschaft.
Mit Nachdruck setzte er sich für die Ökumene ein, besonders für das Haus der Kirchen und für die Zukunft des Roncallihauses. Er begeisterte andere für Theologie und fuhr mit ihnen regelmäßig zur Karl Rahner Akademie nach Köln. Er wanderte mit Gemeindemitgliedern von Nord nach Süd durch halb Europa, radelte für sein Leben gern und fuhr mit Hochdahlern nach Israel und Polen. Der Kontakt zu Kolonowskie als Partnergemeinde lag ihm am Herzen. Ebenso wie er aus dem Osten Zugewanderten Hilfe bot.
Das Seelsorgeteam, in dem Verhoeven mit Pfarrer Bernd Staßen und Diakon Willi Brähler und anderen zusammengearbeitet hat, ermöglichte es den Menschen, sich in ihren Stadtteilen zum Gottesdienst und Gedankenaustausch zu treffen. Auch in der Neanderkirche und im Paul-Schneider-Haus waren die Katholiken viele Jahre sonntags zu Gast. Ortsnähe und Ökumene zugleich. Es gab kein Patent für den Gemeindeaufbau. Strukturen mussten durchdacht und neu gefunden werden. Das war nicht immer im Sinne der Kölner Bistumsleitung und führte zu Spannungen, Unverständnis, vielfältigen Auseinandersetzungen und Konflikten.
Nach einer neuen Aufgabe in einer Kölner Pfarre (von 1997 bis 2004) kam Gerd Verhoeven als normales Gemeindemitglied zurück nach Hochdahl.
Als er nach einiger Zeit hin und wieder Gottesdienst mit der Gemeinde feierte und andere Aktivitäten aufnahm, führte das 2010 zu einer dramatischen Entwicklung. Der Generalvikar im Auftrag des Erzbischofs untersagte Gerd Verhoeven alle seelsorglichen Tätigkeiten in Hochdahl. Eine quälende Verletzung.
Die Gemeinde trauert um einen Seelsorger, der den Reichtum seines Lebens und Glaubens mit vielen Menschen geteilt hat. Im Gebet bleiben wir mit ihm verbunden.“

Info: Die Eucharistiefeier für Gerd Verhoeven findet am Freitag, 17. 3., um 13h in der Heilig Geist Kirche, Brechtstr.3, statt. Anschließend gibt ihm die Trauergemeinde das letzte Geleit auf den Friedhof Trills. Gerd Verhoeven hat bestimmt, dass anschließend alle zu „Speis und Trank“ im Franziskushaus, Trills 28, eingeladen sind.  Die Totenvesper wird am Vorabend (Donnerstag,16.3.) um 19.30h in der Heilig Geist Kirche gehalten.

2 Kommentare

  1. Ich habe Gerd Verhoeven im Rahmen meiner Chor-Tätigkeit mit Herrn Staßen kennengelernt. Er war ein freundlicher, immer umgänglicher Mensch, der stets ein Lächeln im Gesicht hatte. Das hat bei mir immer gute Stimmung verbreitet, sobald ich ihn sah.

    • Gerd Verhoeven ist mein Onkel ich kann es nur bestätigen ich werde mich immer an sein Lächeln erinnern . Wir hatten uns im Januar noch mal getroffen und hatten nochmal eine schöne Zeit miteinander mit sehr guten Gesprächen

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